Die quirlige Blondine zählt in den zwanziger und dreißiger Jahren zu den erfolgreichsten weiblichen Komikerinnen des europäischen Films und kreiert erstmals den grotesken, weiblichen Clown. Anny Ondra geht als erste Hitchcock-Blondine in die Filmgeschichte ein und wird später als Ehefrau des Boxchampions Max Schmehling Teil des beliebtesten Paares der bundesdeutschen Nachkriegszeit
Anny Ondra kommt als Anna Sophie Ondráková 15. Mai 1902 im galizischen Tarnów im damaligen Österreich-Ungarn (heute Polen) zur Welt. Sie ist die Tochter eines k.u.k.-Offiziers und verbringt ihre Kindheit und Jugend in Prag. Nach dem Besuch einer Klosterschule und einer Prager Theaterschule macht sie bereits mit sechzehn Jahren Karriere im tschechischen Film unter dem Regisseur Karel Lamac – ihrem späteren ersten Ehemann. In zahlreichen Stummfilm-Komödien kann man sie in der Verkörperung des damals angesagten „Flapper“ als selbsbewusstes, leicht überdrehtes und kokettes junges Mädchen sehen. Mit hektischer Aufgekratztheit und ungeheurer körperlicher Präsenz spielt sie mit Vorliebe in doppeldeutigen Slapstick-Komödien und avanciert rasch zur führenden Komikerin des tschechischen Films. Ihren Durchbruch hat Anny Ondra 1920 im Film „Gilly poprvé v Praze“ („Gilly zum ersten Mal in Prag“).
1929 geht Anny Ondra nach London und dreht unter der Regie von Alfred Hitchcock die Filme „Der Mann von der Insel Man“ („The Manxman“) und „Erpressung“ („Blackmail“) – dabei ist sie Hitchcocks erste blonde Mörderin. Da das Englisch der Schauspielerin nicht gut ist, aber Hitchcock nicht auf die Darstellerin verzichten will, lässt er ihren Part von der britischen Schauspielerin Joan Barry synchronisieren. Damit ist Joan Barry die erste Synchronsprecherin und Anny Ondra die erste fremdsprachig synchronisierte Schauspielerin der Filmgeschichte.
1930 geht Anny Ondra nach Deutschland und gründet mit ihrem Ehemann die Produktionsfirma „Ondra-Lamac-Film“. Im bis heute verschollenen Film „Die vom Rummelplatz“ (1930) hat Anny Ondra dann ihre erste Original-Tonfilmrolle. Weitere Filme sind „Eine Nacht im Paradies“ (1931), „Eine Freundin so goldig wie Du“ (1931), „Die Fledermaus“ (1931), „Er und seine Schwester“ (1931) und „Die grausame Freundin“ (1932). Während der Dreharbeiten zu „Die Regimentstochter“ (1932) macht Anny Ondra in Wien die Bekanntschaft mit dem Boxweltmeister Max Schmeling. 1933 heiraten Anny Ondra und Max Schmeling im mecklenburgischen Bad Saarow. Nach ihrer Eheschließung sieht man Anni Ondra noch in weiteren Filmen wie „Fräulein Hoffmanns Erzählungen“ (1933), „Polenblut“ (1934), „Klein Dorrit“ (1934), „Der Junge Graf“ (1935) oder „Großreinemachen“ (1935). In „Knockout – Ein junges Mädchen, ein junger Mann“ (1935) steht sie mit ihrem Ehemann vor der Kamera. Bis zum Ende der vierziger Jahre werden die Filme weniger und Anny Ondra zieht sich weitgehend aus dem Filmgeschäft zurück. In Carl Froelichs Komödie „Der Gasmann“ (1941) kann man sie neben Heinz Rühmann sehen, auch spielt sie in „Himmel, wir erben ein Schloss“ (1942) und letztmalig im Musical „Schön muss man sein“ (1951) mit.
Das populäre Ehepaar – das zeitlebens kinderlos bleibt – lässt sich nach dem Krieg im niedersächsischen Hollenstedt nieder. Dort stirbt Anny Ondra am 28. Februar 1987. Sie ist auf dem Friedhof Hollenstedt neben ihrem Gatten Max Schmeling begraben.