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Bertha von Suttner

Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts avanciert Bertha von Suttner mit ihrem Antikriegs-Roman „Die Waffen nieder!“ zur Symbolfigur der internationalen Friedensbewegung. Als „Friedens-Bertha“ in deutschnationalen Kreisen heftig umstritten kämpft sie unermüdlich für Frieden und Völkerverständigung und erhält dafür als erste Frau den Friedensnobelpreis

Bertha von Suttner 1906, Foto: Carl Pietzner [Public domain], via Wikimedia Commons

Bertha Sophia Felicita Baronin von Suttner wird am 9. Juni 1843 als Gräfin Kinsky von Wchinitz und Tettau in Prag geboren und verbringt ihre Kindheit im südmährischen Brünn und ihre Jugend in Wien und Klosterneuburg. Sie entstammt einem alten böhmischen Adelshaus – ihr Vater, der Feldmarschalleutnant und Kämmerer Franz Michael Graf Kinsky, stirbt vor ihrer Geburt im Alter von fünfundsiebzig Jahren. Durch die Spielleidenschaft ihrer Mutter Sophie Wilhelmine verarmt die Familie früh. 1873 nimmt Bertha von Suttner bei dem Industriellen Freiherr Karl von Suttner in Wien eine Stelle als Gouvernante an, wo sie den Töchtern der Familie Unterricht erteilt und sich in den jüngsten Sohn Arthur Gundaccar von Suttner verliebt. Um dieses unstandesgemäße Verhältnis zu beenden wird sie von der Familie von Suttner nach Paris geschickt, wo man ihr – um sie nicht völlig mittellos dastehen zu lassen – eine Stelle als Privatsekretärin beim Multimillionär Alfred Nobel vermittelt, der aber bald vom schwedischen König in seine Heimat gerufen wird.

Nach ihrer Rückkehr nach Wien heiraten Bertha und Arthur Gundaccar Suttner heimlich gegen den Willen seiner Eltern. Der Sohn wird infolgedessen enterbt und das Ehepaar begibt sich für mehrere Jahre in den Kaukasus nach Georgien zur Fürstin Ekatarina Dadiani von Mingrelien, wo beide unter schwierigen finanziellen Umständen vom Schreiben und Übersetzen von Unterhaltungsromanen und von Gesanguntericht leben. Nach dem Tod der mingrelischen Fürstin ziehen beide zunächst ins georgische Tiflis, wo sich Arthur von Suttner mit dem Entwerfen von Tapetenmustern für einen französischen Unternehmer etwas Geld verdient.

Nach einer Versöhnung mit der Familie von Suttner zieht das unkonventionelle Ehepaar 1885 ins abgelegene niederösterreichische Familienschloss Harmannsdorf, in dessen mittelalterlich-erstickender Atmosphäre sich die tatkräftige und willensstarke Bertha von Suttner schnell überflüssig vorkommt. Sie beginnt mit dem Schreiben – zunächst unter Pseudonym Kurzgeschichten und Essays für österreichische Zeitungen, später richtet sie den Focus auf pazifistische und gesellschaftskritische Themen. 1885 nimmt Bertha von Suttner mit ihrem Mann am Kongress des Schriftstellerverbandes in Berlin teil.

1986 trifft Bertha von Suttner in Paris ihren ehemaligen Arbeitgeber Alfred Nobel wieder, der ihr pazifistisches Engagement sehr unterstützt. Der schwedische Chemiker und Erfinder plant einen Preis zu stiften für „denjenigen der am meisten für die Befriedung Europas getan hat.“ 1895 verfasst er sein Testament, in dem er sein persönliches Vermögen in eine Stiftung verwandelt, mit der neben dem Preis für Friedensengagement auch Preise für Verdienste in Wissenschaft und Literatur finanziert werden sollen. In seinem letzten Brief an Bertha von Suttner schreibt Alfred Nobel: „Ich bin entzückt zu sehen, daß die Friedensbewegung an Boden gewinnt, dank der Bildung der Massen und dank besonders der Kämpfer gegen Vorurteil und Finsternis, unter denen Sie einen hohen Rang einnehmen. Das sind Ihre Adelstitel.“

1889 veröffentlicht Bertha von Suttner den Aufsehen erregenden pazifistischen Roman „Die Waffen nieder!“, der ihren Ruhm begründet und sie zu einer der prominentesten Vertreterinnen der Friedensbewegung macht. Das Buch trifft den Nerv einer durch und durch militaristischen Gesellschaft, wie sie zu Zeiten Kaiser Wilhelms II. herrscht und wird in zwölf Sprachen übersetzt.

1890 regt Bertha von Suttner in Venedig die Gründung einer „Friedensgesellschaft Venedig“ an, dort lernt sie auch weitere Vertreter der „Interparlamentarischen Konferenzen“ kennen. 1891 kündigt sie mit großem Erfolg die Gründung einer „Österreichischen Gesellschaft der Friedensfreunde“ an und wird deren Präsidentin. Im selben Jahr wird sie anlässlich des Weltfriedenskongresses in Rom zur Vizepräsidentin des „Internationalen Friedensbüros“ gewählt und 1892 gründet sie die „Deutsche Friedensgesellschaft“, die binnen kurzer Zeit über zweitausend Mitglieder verzeichnet. Danach nimmt sie an diversen internationalen Friedenskongressen teil – 1897 überreicht sie dem österreichischen Kaiser Franz Joseph I. eine Unterschriftenliste mit dem Plädoyer für ein internationales Schiedsgericht. 1899 ist sie an den Vorbereitungen zur „Ersten Haager Friedenskonferenz“ in Den Haag beteiligt, auf welcher Regierungsvertreter Fragen der nationalen wie internationalen Sicherheit, des Abrüstens und der Einrichtung eines internationalen Schiedsgerichts behandeln.

1902 stirbt Artur Gundaccar von Suttner nach einer schweren Krankheit. Bertha von Suttner zieht daraufhin nach Wien, wo sie weiterhin publiziert. 1904 nimmt sie an der „Internationalen Frauenkonferenz“ in Berlin teil, die mit einer Friedensdemonstration in der Philharmonie – bei der Bertha von Suttner einen Vortrag hält – endet. Nach einer Teilnahme am Weltfriedenskongress in Boston und einer Vortragsreise durch mehrere amerikanische Städte sowie eines Empfangs beim amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt erhält Bertha von Suttner 1905 als erste Frau den von ihr mit angeregten Friedensnobelpreis, den sie am 18. April 1906 im norwegischen Kristiania – dem heutigen Oslo – entgegennimmt. 1907 ist sie bei der zweiten Friedenskonferenz in Den Haag anwesend wo sie versucht über die Gefahren der internationalen Aufrüstung und die Interessen der Rüstungsindustrie zu informieren. Auch begibt sie sich auf eine zweite Amerikareise, die sie als Vortragende in über fünfzig Städte bringt

Am Vorabend des Ersten Weltkrieges ist Bertha von Suttner im militaristisch aufgeheizten Europa nicht unumstritten – abfällig wird sie in deutschnationalen Kreisen als „Friedens-Bertha“ geschmäht. Doch die Pazifistin lässt sich davon nicht beeindrucken – begeistert kehrt sie aus den USA zurück, wo ihr deutlich wird, dass die Friedensbewegung in den USA schon wesentlich weiter fortgeschritten ist als in Europa.

1913 wird das Buch „Die Waffen nieder!“ verfilmt, 1914 erhält Bertha von Suttner aus der „Carnegie-Stiftung“ eine monatliche Pension. Im selben Jahr bereitet sich die Friedensaktivistin auf den bevorstehenden Wiener Friedenskongreß vor. Bertha von Suttner warnt: „Der nächste Krieg wird von einer Furchtbarkeit sein wie noch keiner seiner Vorgänger.“ Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges erliegt Bertha von Suttner am 21. Juni 1914 in Wien einem Krebsleiden.

Als Mitglied des österreichischen Vereins „Die Flamme“ – der die Feuerbestattung propagiert – fördert Bertha von Suttner den Bau des ersten deutschen Krematoriums in Gotha und verfügt testamentarisch, dass ihr Leichnam dort verbrannt wird. Die Urne mit ihrer Asche wird noch heute im dortigen Columbarium aufbewahrt. Zahlreiche Städte in Österreich und Deutschland bewahren durch Benennung von Schulen, Plätzen und Straßen das Andenken an Bertha von Suttner.