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Bobby Orlando

Als einer der großen amerikanischen Dance-Moguls mischt er in den achtziger Jahren mit seinem völlig neuartigen Disco-Sound die Tanzflächen der großen Metropolen auf – Bobby Orlando zählt mit seinen unzähligen Pop-Acts als Erfinder der damals angesagten High-Energy-Musik

Robert Philip Orlando wird 1958 im New Yorker Vorort Westchester als Sohn eines Schullehrers geboren. Der junge Hobbyboxer lehnt ein Stipendium an einer Musikschule ab, treibt sich stattdessen lieber mit Musikern in deren Übungsräumen herum und begeistert sich für den Glam-Rock der siebziger Jahre. Schon bald beginnt er mit ersten Produktionen und gründet 1980 sein Label „O Records“. Mit „Just A Gigolo“ von „Barbie & The Kens“ sowie „Change Of Life“ von „I Spy“ stellt sich schnell Erfolg ein. Der Song „Desire“ – den er für seine damalige Freundin Roni Griffith schreibt – schlägt auf den Tanzflächen der Diskotheken ein wie eine Bombe und katapultiert sich 1982 auf die obersten Plätze der internationalen Charts. Der minimalistisch-kühle Sound mit den eingängigen Basslinien wird besonders von der Gay-Community mit Begeisterung angenommen.

Bereits Anfang 1983 erreicht der „Bobby-O“-Hype den Mainstream – mit Roni Griffiths „Best Part (Of Breaking Up)“, Divines „Shoot Your Shot“ und der eilig zusammengestellten Girl-Group „The Flirts“ und ihren Hits „Passion“, „Calling All Boys“, „Helpless“ und „Danger“ dominiert Bobby Orlando mit seinem Hi-NRG-Sound die Charts. Die „Bobby-O“-Hitfactory rotiert auf Hochtouren und überschwemmt den Markt mit teilweise fragwürdigen Releases. Gruppen wie „Oh Romeo“, „Miss Kimberley“ oder „Waterfront Home“ entstehen über Nacht und verschwinden wieder – dahinter steckt immer Bobby Orlando. Der Musikproduzent veröffentlicht auch unter seinem eigenen Namen diverse Titel wie „She Has Away“, „One More Shot“, „Runaway“, „Reputation“ sowie ein Duett mit der Soul-Queen Claudja Barry – „From A Whisper To A Scream“.

1982 ergreift der junge Musikjournalist Neil Tennant in New York die Gelegenheit, den angesagten Musikproduzenten Bobby Orlando zu treffen – gemeinsam produzieren beide unter dem Namen „Pet Shop Boys“ in typischer Bobby-O-Manier den späteren Welthit „Westend Girls“, der sich zwar in kontinentaleuropäischen Szene-Clubs einer gewissen Beliebtheit erfreut, aber sonst recht unbeachtet bleibt. Bobby Orlando berät die beiden unerfahrenen Engländer auch in geschäftlichen Belangen – erst nachdem Neil Tennant und sein Partner Chris Lowe einen Vertrag bei EMI unterschreiben und „Westend Girls“ 1985 neu abgemischt veröffentlichen, entwickelt sich der Song zum Tophit und die „Pet Shop Boys“ avancieren in den folgenden Jahren zum erfolgreichsten Pop-Duo aller Zeiten. Bis heute besitzt Bobby Orlando die Rechte an der Originalversion von „Westend Girls“.

Bereits Mitte der achtziger Jahre verebbt der Erfolg von Bobby Orlando – Hi-NRG-Musik ist Mainstream geworden und findet einen Nachfolger im aufkommenden Italo-Disco-Sound. Er zieht sich aus dem Musikgeschäft zurück, entdeckt die Bibel für sich und beginnt zum Ende des Jahrzehnts ein Jurastudium.

2003 veröffentlichen die Pet Shop Boys auf ihrem Album „Disco 3“ als Referenz an den legendären Musikproduzenten den Bobby O-Track „Try It (I’m In Love With A Married Man)“.

Die Nachfolger von Bobby Orlando huldigen ihrem Idol auf zeitgemäße Art – zahlreiche Songs werden bis heute gesampelt und gecovert.