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Bruno Balz

Er schreibt unzählige Schlager für die großen Stars seiner Zeit, Titel wie „Er heißt Waldemar“, „Davon geht die Welt nicht unter“ und „Wir wollen niemals auseinandergehn“ sind bis heute unvergessen – Bruno Balz gehört als „König des Evergreens“ zu den großen deutschen Liedtextern des vorigen Jahrhunderts

Bruno Balz wird am 6. Oktober 1902 im Berliner Arbeiterviertel Prenzlauer Berg als Sohn eines Sattlers geboren. Mit sechzehn Jahren wird er sich seiner Homosexualität bewusst – er bezeichnet sich selbst als „schwul“, was damals ein derbes Schimpfwort ist. In der deutschen Hauptstadt engagiert er sich in der Schwulenbewegung, veröffentlicht in einschlägigen Zeitschriften Gedichte und Erzählungen und wird Mitglied im „Bund für Menschenrecht“ – mit dessen Gründer Friedrich Radszuweit schreibt er mit „Bubi laß uns Freunde sein“ einen der ersten Schwulenhits überhaupt.

Von 1929 bis in die sechziger Jahre hinein schreibt Bruno Balz für die großen Stars der damaligen Zeit wie Zarah Leander, Ilse Werner, Marika Rökk, Theo Lingen, Evelyn Künneke, Heinz Rühmann, Hans Albers, Rosita Serrano, Gerhard Wendland, Hildegard Knef und Johannes Heesters unzählige Schlager – kaum ein populärer Sänger kommt an ihm vorbei. Zu den bekanntesten Titel gehören „Kleine Möwe flieg nach Helgoland“, „Der Wind hat mir ein Lied erzählt“, „Kann denn Liebe Sünde sein?“, „Roter Mohn“, „Ich brech’ die Herzen der stolzesten Frau’n“, „Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern“, „Heut’ Abend lad´ ich mir die Liebe ein“, „Er heißt Waldemar“, „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“, „Davon geht die Welt nicht unter“, „Berlin bleibt doch Berlin!“, „Du sollst mir doch nicht immer auf den Mund seh’n!“, „Mäcki Boogie“, „Das machen nur die Beine von Dolores“, „Adieu“, „Sing Nachtigall, sing“ und „Weiße Weihnacht“.

Zusammen mit dem polnischen Komponisten Michael Jary bildet Bruno Balz jahrelang ein kongeniales Duo – gemeinsam liefern sie Lieder, die mit differenzierten Texten und sicherem Instinkt den jeweiligen Zeitgeist erfassen und insbesondere Zarah Leander zum Weltstar und zur Gay-Ikone machen.

Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus wird Bruno Balz Opfer der schwulenfeindlichen Gesetzgebung – mehrmals wird er verhaftet, gefoltert und fast ins Konzentrationslager verschleppt. Erst auf Intervention seines Freundes Michael Jary, der sagt, die von Propagandaminister Joseph Goebbels für den Film „Die große Liebe“ geforderten Lieder als einen „Beitrag zur Kriegsanstrengung“ ohne die Hilfe seines Partners nicht zustandebringen zu können, kommt er wieder frei. In der Haft schreibt er zwei seiner größten Erfolge: „Davon geht die Welt nicht unter“ und „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh’n“ – beide Lieder werden im Kinoerfolg „Die große Liebe“ von Zarah Leander gesungen und gelten heute als Klassiker jener Jahre.

Propagandaminister Joseph Goebbels veranlasst, das Bruno Balz‘ Name in der Öffentlichkeit nicht mehr genannt wird und keine Fotos von ihm publiziert werden, auch muss er heiraten – das Regime findet für ihn mit Selma eine linientreue pommersche Bäuerin.

1940 gelingt Bruno Balz und Michael Jary mit dem Titel „Er heißt Waldemar“ ein großer Erfolg – das von Zarah Leander mit subversivem Unterton gesungene Lied stellt vordergründlich das zeittypische, politisch propagierte Erscheinungsbild eines arischen Mannes vor, kann aber mit seiner augenfälligen Anspielung auf die Diskrepanz zwischen dem von der Politik propagierten blonden Helden und den schwarzhaarigen und kleinwüchsigen deutschen Politikern als freche Parodie ausgelegt werden.

Wegen des Textens diverser sogenannter „Durchhalteschlager“ wird Bruno Balz nach dem Krieg von den Alliierten angeklagt. Er gerät in Beweisnot und offenbart gegen seinen Willen seine Homosexualität und seine Scheinehe – 1946 wird er freigesprochen. In der Nachkriegszeit hat er stark unter Homophobie zu leiden, seine Ehefrau Selma verweigert die Scheidung – mit dem aus der Nazizeit übernommenen Schwulenparagraphen §175 hat sie einen erpresserischen Trumpf in der Hand.

Zu Beginn der sechziger Jahre schreibt Bruno Balz für Zarah Leander das „Lied Wir wollen niemals auseinandergehen“ – doch die große Zeit der flamboyanten Filmdiva ist unwiderbringlich vorbei und Michael Jary lässt das Lied vom damaligen Teenager-Idol Heidi Brühl 1960 bei der deutschen Vorausscheidung zum Eurovision Song Contest singen. Bruno Balz fühlt sich hintergangen und kündigt die langjährige Freundschaft mit Michael Jary auf – 1973 schreibt er für Zarah Leander mit „Adieu“ eines ihrer letzten Lieder.

Einen letzten Erfolgshit hat Bruno Balz 1968 mit dem niederländischen Kinderstar Heintje und dem Hitparadenerfolg „Mama“ – von den Tantiemen des Liedes lässt er ein SOS-Kinderdorf bauen.

Bruno Balz stirbt 14. März 1988 im oberbayrischen Bad Wiessee – sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Wilmersdorf in Berlin. Er verfügt in seinem Testament, dass in den ersten zehn Jahren nach seinem Tod nicht über ihn gesprochen werden darf, sein langjähriger Partner und Erbe beginnt erst 1998 damit, den Nachlass und die Biografie des genialen Textdichters aufzuarbeiten.

2008 wird am ehemaligen Wohnhaus von Bruno Balz in der Berliner Fasanenstraße ihm zu Ehren eine Gedenktafel enthüllt.