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Colette

Sie bricht aus dem für Frauen der damaligen Zeit vorgesehenen Rollenmuster aus und feiert in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts Erfolge als Varieté-Künstlerin, Journalistin und Schriftstellerin – als große Dame der französischen Literatur gehört Colette noch heute zu den bekanntesten und meistgelesenen Schriftstellerinnen Frankreichs

Colette wird als Sidonie-Gabrielle Claudine Colette am 28. Januar 1873 in Saint-Sauveur-en-Puisaye im französischen Département Yonne geboren, wo sie als als jüngstes von vier Halbgeschwistern und Geschwistern aufwächst. Ihr Vater – ein wegen Kriegsverletzung ausgemusterter Offizier – arbeitet dort als Steuereinnehmer. Zwar besucht Colette keine weiterführende Schule, wird aber von ihrem literarisch interessierten Vater sowie von ihrer klugen und verständnisvollen Mutter gefördert.

Während einer Parisreise lernt Colette 1889 Henry Gauthier-Villars kennen, den sie 1893 heiratet und der ihr Schreibtalent erkennt – ab 1896 verfasst sie unter seinem Pseudonym die populäre Serie der „Claudine“-Romane, in denen sie die Geschichte einer jungen Frau erzählt. 1903 lässt sich Colette von Henry Gauthier-Villars scheiden – dieser sichert sich vorher noch schnell die Autorenrechte. Danach lebt sie eine Zeit lang bei Natalie Clifford Barney, mit der sie eine Affäre hat.

Ab 1906 gastiert Colette sechs Jahre lang als Pantomine auf diversen französischen Varietébühnen – während dieser Zeit lernt sie die zehn Jahre ältere Mathilde de Morny kennen, mit der sie auch zusammen auftritt. Als es 1907 im Pariser Moulin Rouge wegen einer Kuss-Szene zwischen den beiden zu einem Tumult kommt, werden weitere Aufführungen verboten und die Frauen können ihr Verhältnis nur verdeckt weiterführen.

1909 feiert Colette ihren Durchbruch als Autorin – sie schreibt den autobiografischen Roman „La Vagabonde“ („Die Vagabundin“), der zunächst im Feuilleton einer Zeitschrift erscheint und 1910 in die engere Wahl für den renommierten französischen Literaturpreis „Prix Goncourt“ kommt. Auch als Journalistin ist Colette nun gefragt – sie erhält eine eigene Rubrik im Feuilleton des „Le Matin“. 1912 heiratet sie den Chefredakteur der Zeitung – Baron Henry de Jouvenel des Ursins – ein Jahr später kommt die gemeinsame Tochter zur Welt.

Zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 wird Colettes Mann zum Militär eingezogen – sie selbst betätigt sich in Paris und später in Verdun als Krankenschwester. 1915 bereist sie als Reporterin für „Le Matin“ das mit Frankreich verbündete Italien. Zurück in Paris beginnt sie den Roman „Mitsou, ou comment l’esprit vient aux filles“ („Mitsou, oder wie den Mädchen ein Licht aufgeht“), der 1919 erscheint. Im selben Jahr wird Colette Leiterin des literarischen Feuilletons des „Le Matin“.

Der berühmteste Roman „Chéri“ („Liebling“) von Colette erscheint 1920. Das Thema – die letztlich unmögliche Liebe eines jungen Mannes zu einer älteren Frau – liegt ihr besonders nahe, hat sie doch gerade mit ihrem Stiefsohn Bertrand de Jouvenel ein Verhältnis begonnen. 1920 wird Colette zum „Ritter der Ehrenlegion“ ernannt, 1923 scheitert ihre Ehe mit Henry de Jouvenel des Ursins. 1925 lernt Colette den deutlich jüngeren Perlenhändler Maurice Goudeket kennen, den sie 1935 heiratet.

Während der deutschen Besetzung Frankreichs und den antisemitischen Aktionen der französischen Vichy-Regierung gelingt es Colette, ihren aus einer jüdischen Familie stammenden Mann aus der Haft zu befreien und ihm beim Untertauchen zu helfen. Mit dem kurzen Feuilleton-Roman „Gigi“ gelingt Colette 1942 dann einer ihrer größten Erfolge – er handelt von der vorteilhaften Heirat eines jungen Mädchens mit einem älteren Mann.

Mit den Jahren avanciert Colette zur großen alten Dame der französischen Literatur der ersten Jahrhunderthälfte – sie schreibt und publiziert, hält Vorträge und reist viel. Nach dem Zweiten Weltkrieg wird sie 1945 als zweite Frau eines der zehn Mitglieder der „Académie Goncourt“ und 1949 deren Vorsitzende.

Colette versteht es virtuos, in ihren Werken Frauenschicksale psychologisch einfühlsam und lebensnah zu beschreiben, wobei sich ihr für die damalige Zeit sehr unkonventioneller Lebensstil in ihren zahlreichen Romanen niederschlägt – immer wieder setzt sie sich in ihren Büchern kritisch mit der Ehe und der weiblichen Sexualität auseinander. Obwohl von vielen Lesern und auch Autorenkollegen hoch geschätzt, wird sie von der universitären Literaturkritik lange Zeit als „typische Frauenliteratin“ geschmäht und unter Wert gehandelt.

Colette stirbt mit einundachtzig Jahren am 3. August 1954 in Paris – als erste Frau in Frankreich erhält sie ein Staatsbegräbnis.