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Cosima Wagner

Sie ist die Gralshüterin des Wagner-Kults, wertvolle Stütze des „Bayreuther Unternehmens“ und bereits zu Lebzeiten eine Legende – Cosima Wagner steht ihrem Mann, dem Komponisten Richard Wagner, jahrelang unbeirrt zur Seite. Nach dessen Tod gelingt es der „Herrin des Hügels“, den Bayreuther Festspielen zu Ruhm und internationalem Renommee zu verhelfen

Cosima Francesca Gaetana Wagner wird am 24. Dezember 1837 im italienischen Bellagio am Comersee als Cosima de Flavigny geboren – sie ist die nichteheliche Tochter des Komponisten Franz Liszt und der deutsch-französischen Gräfin Marie d’Agoult. Nach der Trennung der Eltern verbringt sie einige Jahre in einem Pariser Pensionat, bis sie auf Drängen des Vaters mit ihren Schwester Blandine dem strengen Regime einer deutsch-russischen Erzieherin unterstellt wird. Ihren Geburtstag feiert sie traditionell am ersten Weihnachtstag – deshalb ist oft irrtümlich der 25. Dezember als Geburtsdatum angegeben.

Erst nach der Legitimierung durch ihren Vater 1844 trägt Cosima Wagner den Namen Liszt und nicht mehr länger den Geburtsnamen ihrer Mutter. Sie darf zwar nicht – wie dies ihre Mutter wünscht – Berufsmusikerin werden, erhält aber eine gründliche pianistische Ausbildung. Sie ist Schülerin des Dirigenten und Pianisten Hans von Bülow, den sie 1857 in der Hedwigskirche in Berlin heiratet – aus der Ehe gehen die Töchter Daniela und Blandine hervor.

1853 lernt Cosima Wagner bei einem Besuch ihres Vaters Franz Liszt in Paris auch dessen Freund Richard Wagner kennen – ihre Zuneigung zu dem vierundzwanzig Jahre älteren Komponisten wächst, je öfter sie sich sehen. Die Liebesbeziehung zwischen Cosima und Richard Wagner beginnt 1863, nachdem der Komponist im bayerischen König Ludwig II. einen Mäzen findet. Dieser unterstützt ihn finanziell und eröffnet ihm eine neue künstlerische Perspektive in Bayern.

Cosima Wagner lässt sich mit ihrem Mann Hans von Bülow in München nieder und wird zunächst Richard Wagners Sekretärin – in dieser Funktion gewinnt sie auch das Vertrauen König Ludwigs. Beide führen ein Doppelleben, auch noch als 1865 Tochter Isolde geboren wird. 1867 verlässt Cosima Wagner Hans von Bülow, um fortan mit Richard Wagner zusammenzuleben. Am 18. Juli 1870 wird die Ehe mit dem Dirigenten geschieden und am 25. August 1870 heiraten Cosima und Richard Wagner im schweizerischen Luzern – dafür muss die Katholikin zum Protestantismus übertreten. Aus der Ehe mit Richard Wagner gehen die Kinder Isolde, Eva und Siegfried hervor.

Als Richard Wagner 1883 stirbt, übernimmt Cosima Wagner die Leitung der Bayreuther Festspiele, die sie bis 1906 behält. Trotz künstlerisch hochrangiger Sänger findet unter ihrer Leitung eine Erstarrung statt – sie versteht sich als „Gralshüterin“ eines Erbes und versucht die Werke ihres Mannes in mustergültigen Aufführungen zu bewahren. Jede Veränderung wird von ihr blockiert, einzig das Wort ihres verstorbenen Gatten wird mit dogmatischer Strenge durchgesetzt. Kritiker des Werkes Richard Wagners werden von ihr als unfähig und minderwertig angesehen und gelten ihr als vom „jüdischen Kunstgeist“ verdorben. 1908 übergibt Cosima Wagner die Leitung der Festspiele an ihren Sohn Siegfried, der sie bis zu seinem Tod 1930 behält.

Bis zu ihrem Tod bleibt Cosima Wagner anerkanntes Familienoberhaupt und maßgebliche Herrin der Villa Wahnfried. Sie arrangiert 1915 die Ehe ihres Sohnes Siegfried mit der Engländerin Winifred Williams. In ihren letzten Lebensjahren ist Cosima Wagner nach einem Schlaganfall fast blind und teilweise gelähmt und an den Rollstuhl gefesselt.

Cosima Wagner stirbt am 1. April 1930 im Alter von zweiundneunzig Jahren in Bayreuth und wird im Garten von Haus Wahnfried neben ihrem Gatten beigesetzt – sie überlebt Richard Wagner um siebenundvierzig Jahre.

Unrühmlich ist Cosima Wagners Rolle im Zusammenhang mit dem Antisemitismus – sie stellt ein wesentliches Bindeglied zwischen der judenfeindlichen Haltung ihres Ehemanns Richard Wagner und dem Anfang der zwanziger Jahre rund um die Villa Wahnfried entstehenden Kreis um Houston Stewart Chamberlain und Adolf Hitler dar, denen Cosima ihre Unterstützung leiht. In der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg und der Revolution sieht sie ein Werk des Judentums und vertritt damit dieselben Positionen wie Adolf Hitler. Dieser besucht ab 1930 regelmäßig die Villa Wahnfried und übernachtet häufig dort. Cosima Wagners Schwiegertochter Winifred Wagner erklärt später, Adolf Hitler habe in den Wagners seine eigentliche Familie gesehen.

1910 erhält Cosima Wagner als eine der ersten Frauen die Ehrendoktorwürde der Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin – der heutigen Humboldt-Universität. 1911 wird sie von der Stadt Bayreuth zur Ehrenbürgerin ernannt.