Als charismatischer und eloquenter „Dany le Rouge“ ist er eine der Ikonen der Achtundsechziger-Bewegung und beim herrschenden Establishment jener Jahre als „Enfant terrible“ verschrien – heute setzt sich Daniel Cohn-Bendit als Politiker und Publizist mit viel Engagement für ein gerechtes und friedliches Europa ein
Marc Daniel Cohn-Bendit wird am 4. April 1945 in Montauban im südwestfranzösischen Département Tarn-et-Garonne geboren – seine jüdischen Eltern fliehen 1933 vor den Nationalsozialisten aus Berlin nach Frankreich. Seine frühe Kindheit verbringt er in der Normandie und in Paris, danach besucht er ein Internat in Hessen, wo er 1965 sein Abitur macht. Zurück in Frankreich studiert er im Pariser Vorort Nanterre Soziologie. In jener Zeit beginnen sich in vielen europäischen Ländern die Studenten zu politisieren und Daniel Cohn-Bendit avanciert rasch zu einem ihrer Redner, während der Pariser Studenten-Unruhen 1968 ist deren prominentester Sprecher – als „Dany le Rouge“ schlägt er unter anderem vor, die französische Trikolore durch eine Rote Fahne zu ersetzen.
1968 wird Daniel Cohn-Bendit wegen angeblich revolutionärer Aktionen aus Frankreich ausgewiesen. Er verliert die französische Staatsbürgerschaft – die er nach diversen vergeblichen Versuchen nie wieder erlangt – und lässt sich in Frankfurt am Main nieder, wo er in der „Außerparlamentarischen Opposition“ („APO“) und ab den siebziger Jahren in der sogenannten Sponti-Szene aktiv ist. Er ist Herausgeber und zeitweise auch Chefredakteur des Stadtmagazins Pflasterstrand und engagiert sich mit dem späteren deutschen Außenminister Joschka Fischer in der linksalternativen Bewegung. 1984 wird Daniel Cohn-Bendit Mitglied der Grünen, wo er den Realo-Flügel vertritt – schon früh spricht er sich für rot-grüne Bündnisse aus. Während der Amtszeit von Joschka Fischer als hessischer Umweltminister von 1985 bis 1987 ist er dessen enger Berater. Im ersten rot-grünen Magistrat der Stadt Frankfurt wird Daniel Cohn-Bendit 1989 zum ehrenamtlichen Dezernenten für multikulturelle Angelegenheiten ernannt.
1989 äußert Daniel Cohn-Bendit scherzhaft den Wunsch, nach der Bundestagswahl 1990 deutscher Außenminister unter Oskar Lafontaine zu werden, um so als persona non grata – die Jahre zuvor noch aus Frankreich ausgewiesen wurde – in Frankreich einen Staatsempfang zu erhalten.
Ab 1994 ist Daniel Cohn-Bendit Abgeordneter im „Europäischen Parlament“, wo er seit 2002 Co-Vorsitzender der Fraktion „Die Grünen/Europäische Freie Allianz“ ist – abwechselnd kandidiert er für die deutschen und die französischen Grünen. Nebenher schreibt er zahlreiche politische Bücher und moderiert verschiedenen Fernsehsendungen.
Die „Katholische Universität Brabant“ im niederländischen Tilburg verleiht Daniel Cohn-Bendit für seine Leistungen zur Entwicklung und zum Verständnis von Multikulturalität und Integration von Minderheiten die Ehrendoktorwürde, seit 2010 ist er außerdem führendes Mitglied der „Spinelli-Gruppe“, die sich im Europäischen Parlament für den europäischen Föderalismus einsetzt.
Zwar unterstützt Daniel Cohn-Bendit als überzeugter Pazifist zu Beginn der neunziger Jahre während des Zweiten Golfkrieges die Friedensbewegung, ändert aber einige Jahre später seine Meinung und fordert während des Jugoslawienkrieges ein militärisches Eingreifen der westeuropäischen Staaten – auch setzt er sich während des Kosovo-Konflikts für den Einsatz von Bodentruppen ein.
Heute distanziert sich Daniel Cohn-Bendit von vielen seiner früheren Ansichten – unter anderem kritisiert er 2005 die vom SPD-Politiker Franz Müntefering angestoßene kapitalismuskritische „Heuschrecken“-Debatte.
Daniel Cohn-Bendit hat einen Sohn und ist seit 1997 mit Ingrid Apel verheiratet. Er lebt in Frankfurt am Main.