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Eleonora Duse

Mit ihrem subtilen und wenig theatralischen Spiel ist sie stilbildend für das moderne Theater und ihr Name wird im Laufe der Jahrzehnte zum Synonym für hohe Bühnenkunst – Eleonora Duse bevorzugt sparsame Gesten und zurückhaltende Posen in Rollen leidender und willensstarker Frauenfiguren und gilt heute als größte Theaterschauspielerin aller Zeiten

Eleonora Duse um 1910, Foto: By Mario Nunes Vais (1856-1932). [Public domain], via Wikimedia Commons

Eleonora Duse wird am 3. Oktober 1858 in Vigevano in der italienischen Lombardei als Tochter von Alessandro Vincenzo Duse und dessen Ehefrau Angelica Appelletto in eine Schauspielerfamilie hineingeboren. Ihre Eltern fahren mit einer Komödiantentruppe von Ort zu Ort – bereits ihr Großvater Luigo Duse ist Schauspieler und jeder seiner Söhne gründet wiederum ein eigenes Ensemble.

Im Gegensatz zur heutigen Zeit ist die Schauspielerei damals ein harter Broterwerb und eine in manchen gesellschaftlichen Schichten als nicht ehrenwert angesehene Tätigkeit – viele Darsteller leben am Rande der Gesellschaft und in ständiger Existenzangst. Als Eleonore Duses Mutter 1876 an Schwindsucht erkrankt, springt die Zwölfjährige ein und mit fünfzehn Jahren spielt sie bereits die Hauptrolle in „Romeo und Julia“ in der Arena von Verona. Mit achtzehn Jahren verliert Eleonore Duse ihre Mutter an den Folgen der Schwindsucht.

1878 schließt sich Eleonora Duse einer Theaterkompanie an und kurz darauf wird sie für das Teatro dei Fiorentini in Neapel entdeckt, mit dessen Ensemble sie auf Gastspielreisen geht. In Neapel begegnet sie dem Journalisten und Lebemann Martino Cafiero, mit dem sie eine kurze Liebesbeziehung hat – das gemeinsame Kind stirbt noch als Baby. 1881 heiratet Eleonora Duse ihren Kollegen Tebaldo Checchi – wenig später kommt die gemeinsame Tochter Enrichetta zur Welt, die bei einer Pflegefamilie untergebracht wird.

Fasziniert durch ihr exaltiertes Temperament und ihr in der damaligen Zeit amoralisches Privatleben schafft es Eleonora Duse, einen Auftritt der bereits weltberühmten großen französischen Tragödin Sarah Bernhardt in Turin mitzuerleben, deren Glanzrolle – die Kameliendame – von Eleonora Duse schon bald völlig neu interpretiert wird. Sie entwickelt in ihrem Spiel eine ganz eigene Methodik, verlässt sich ausschließlich auf ihr ausdrucksstarkes Gesicht, ihre Darstellungskraft und Gestik und verzichtet im Gegensatz zu den meisten Schauspielern jener Tage weitgehend auf künstliche Intonation, Masken, Requisiten und Schminke. Nicht überall stößt diese neue Art der Darstellung auf Zustimmung – viele Zuschauer und Kritiker sind zunächst irritiert.

In den folgenden Jahren spielt Eleonora Duse mit wachsendem Erfolg auf allen großen italienischen Bühnen, ab 1890 unternimmt sie Gastspielreisen nach Ägypten, Süd- und Nordamerika, tritt in Europa und Russland auf und ist schnell außerhalb Italiens als eine der größten Darstellerinnen in Bühnenstücken von Henrik Ibsen, Émile Zola oder Alexandre Dumas berühmt. Durch die Einnahmen aus ihren Tourneen verfügt sie bald über ein beträchtliches Vermögen und zieht sich 1909 im Alter von fünfzig Jahren von der Bühne zurück.

Das Privatleben von Eleonora Duse ist recht turbulent – auf einem Gastspiel in Südamerika verliebt sie sich in ihren Bühnenpartner Flavio Andò und trennt sich kurzerhand von ihrem Ehemann Tebaldo Checchi. Die Liaison dauert nicht lang – 1887 lernt sie in Mailand den Librettisten Arrigo Boito kennen, da es im Italien jener Zeit jedoch keine Ehescheidung gibt und die Schauspielerin bei Bekanntwerden der Beziehung das Sorgerecht für ihre Tochter an ihren Noch-Ehemann Tebaldo Checchi verloren hätte, finden die Treffen der beiden stets heimlich statt. 1894 lernt sie in Venedig den Dichter und Schriftsteller Gabriele d’Annunzio kennen und lieben – dieser widmet ihr etliche Stücke und obwohl ihr die Rollen nicht liegen und diese auch beim Publikum wenig Anklang finden wendet Eleonora Duse ihre gesamte Kraft und ihr ganzes Vermögen dafür auf, seine Stücke bekannt zu machen. Gabriele d’Annunzio spielt in den späteren Jahren als politischer Aktivist für Benito Mussolini eine bedeutende Rolle im italienischen Faschismus.

Nach ihrer Trennung von Gabriele d’Annunzio entdeckt Eleonare Duse die Bühnenstücke des Norwegers Henrik Ibsen für sich – während einer Tournee durch Skandinavien 1906 beabsichtigt sie, ihn zu treffen, doch er stirbt noch im selben Jahr.

Der Sprung in die Welt des Films gelingt Eleonora Duse nicht – ihr einziger Film „Cenere“ („Asche“, 1916) gilt Cineasten als seltenes Stück der Kinogeschichte.

Aus finanziellen Gründen kehrt Eleonora Duse 1921 in Turin mit Henrik Ibsens Stück „Die Frau vom Meere“ noch einmal auf die Bühne zurück, wo sie frenetisch gefeiert wird. Nach Gastspielen in Wien und London begibt sie sich in die USA und tritt in New York, Baltimore, Philadelphia, Washington, Boston, Chicago, New Orleans, Los Angeles, San Francisco und Detroit auf.

Eleonora Duse stirbt am 21. April 1924 im Alter von fünfundsechzig Jahren in Pittsburgh an den Folgen einer Lungenentzündung – ihr Sarg wird nach Italien überführt, wo sie unter Anteilnahme von Tausenden ihrer Landsleute auf dem Friedhof von Asolo nahe ihres Anwesens beigesetzt wird.

In verschiedenen italienischen Städten gibt es Theater, die nach Eleonora Duse benannt werden – so in Bari, Bologna, Genua und Rom.