Hanna-Renate Laurien ist eine der ersten Frauen, die in der CDU Karriere machen – die wegen ihres resoluten und unerschrockenen Auftretens auch „Hanna Granata“ genannte Berlinerin dient dem linken Spektrum des Landes jahrelang als Feindbild. Als überzeugte Katholikin und Philanthropin übernimmt sie zahlreiche Schirmherrschaften sozialer Verbände und engagiert sich zeitlebens gegen Ausländerfeindlichkeit, Intoleranz und Rassismus
Hanna-Renate Laurien kommt am 15. April 1928 in Danzig zur Welt – das damals als Freie Stadt unter Aufsicht des Völkerbundes steht. Sie wächst als Tochter eines Chemikers und späteren Ministerialrates und einer Lehrerin in einem protestantischen Elternhaus auf – 1952 konvertiert sie zum Katholizismus. Sie besucht Gymnasien in Spremberg in der Niederlausitz und in Berlin, zwischen 1944 und 1945 dient sie beim Reichsarbeitsdienst. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges legt Hanna-Renate Laurien 1946 ihr Abitur ab und studiert danach an der Berliner Humboldt-Universität Germanistik, Anglistik und Philosophie. 1948 gehört sie zu den Gründern der Berliner „Freien Universität“.
Hanna-Renate Laurien legt 1951 ein Staatsexamen ab – danach wechselt sie in den höheren Schuldienst nach Nordrhein-Westfalen. 1952 promoviert sie in Germanistik, von 1957 bis 1963 arbeitet sie im Düsseldorfer Kultusministerium, von 1963 bis 1965 ist sie Fachleiterin eines Studienseminares und von 1965 bis 1970 ist sie als Oberstudiendirektorin der Königin-Luise-Schule in Köln tätig. In jener Zeit sorgt sie dafür – entgegen den damals geltenden Gesetzen – dass eine schwangere Schülerin zum Abitur zugelassen wird, auch setzt sie sich dafür ein, dass eine unehelich schwangere Lehrerin nicht disziplinarisch abgestraft und versetzt wird.
1966 tritt Hanna-Renate Laurien in die CDU ein und von 1967 bis 1970 ist sie stellvertretende Kreisvorsitzende der CDU in Köln. Ab 1970 ist sie Hauptabteilungsleiterin und ab 1971 Staatssekretärin in Mainz unter dem rheinland-pfälzischen Kultusminister Bernhard Vogel, mit dem sie seit dieser Zeit befreundet ist. Von 1975 bis 1981 gehört sie dem rheinland-pfälzischen Landtag an. 1981 holt Richard von Weizsäcker sie nach seiner Wahl zum Regierenden Bürgermeister als Schul- und Jugendsenatorin nach Berlin. 1984 bewirbt sich Hanna-Renate Laurien um das Amt der Regierenden Bürgermeisterin, unterliegt aber ihrem CDU-Kollegen Eberhard Diepgen. Mit dem Wahlsieg des SPD-Kandidaten Walter Mompers zum Regierenden Bürgermeister von Berlin 1989 scheidet Hanna-Renate Laurien aus ihren Ämtern aus.
1991 wird Hanna-Renate Laurien als erste und bislang einzige Frau zur Präsidentin des Abgeordnetenhauses von Berlin gewählt. Während ihrer Amtszeit setzt sie sich für die Verlegung des Sitzes der Bundesregierung von Bonn nach Berlin ein und ruft erfolgreich zu Demonstrationen gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus auf.
In ihrer politischen Karriere und auch in der Zeit danach übernimmt Hanna-Renate Laurien diverse Schirmherrschaften und Ehrenvorsitze – unter anderem an der Spitze des „Internationalen Bundes“, beim Diözesanrat der Erzdiözese Berlin, als Mitbegründerin und stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Gegen das Vergessen – für Demokratie“, bei der „Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft“ Berlin und beim „Verein der ehemaligen Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses“. Auch ist sie Schirmherrin der Berliner „Tabea-Kinderbegräbnisstätte“.
Hanna-Renate Laurien engagiert sich als Predigerin und Vortragsrednerin und ist zeitlebens unverheiratet – als Laiendominikanerin legt sie gegenüber der katholischen Kirche das Gelübde der Ganzhingabe ab. Von 1967 bis 2000 ist sie Mitglied des Hauptausschusses im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, von 1972 bis 1975 Präsidiumsmitglied der Würzburger Synode, von 1991 bis 2000 Vorsitzende des Berliner Diözesanrats der Katholiken und von 1996 bis 2004 Vorsitzende des Berliner Diözesanverbands des Katholischen Deutschen Frauenbundes.
Hanna-Renate Laurien setzt sich zeitlebens intensiv mit dem Nationalsozialismus, der Würdigung seiner Opfer und der Bekämpfung seiner Nachfolger auseinander – 2004 hält sie anlässlich einer Gegendemonstration zu den jährlichen Aufmärschen der Neonazis am Todestag von Rudolf Heß in dessen Begräbnisort Wunsiedel eine viel beachtete Rede. Auch befürwortet sie die Errichtung eines zentralen Mahnmals zur Verfolgung von Homosexuellen durch die Nationalsozialisten. Dazu sagt sie: „Wir dürfen die Opfer des Terrors nicht in Güteklassen einteilen – Gott hat jedem Menschen die gleiche Würde gegeben“.
1981 wird Hanna-Renate Laurien mit dem „Großen Bundesverdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ ausgezeichnet, 1996 wird ihr der Ehrentitel einer Stadtältesten von Berlin verliehen und 1999 erhält sie die „Louise-Schroeder-Medaille“ des Abgeordnetenhauses von Berlin. Auch wird sie mit der Ehrendoktorwürde der Katholisch-Theologischen Fakultät der „Westfälischen Wilhelms-Universität Münster“ geehrt.
1996 scheidet Hanna-Renate Laurien aus dem CDU-Bundesvorstand aus und zieht sich aus dem politischen Leben zurück. Bis zu ihrem Tod lebt sie in Berlin-Lankwitz.
Hanna-Renate Laurien stirbt am 12. März 2010 im Alter von einundachtzig Jahren in Berlin – ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof In den Kisseln im Berliner Stadtteil Spandau.