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Königin Wilhelmina der Niederlande

Sie ist die Symbolfigur des niederländischen Widerstandes während des Zweiten Weltkrieges und wird vom britischen Premier Winston Churchill einmal als „einziger Mann in der niederländischen Regierung“ bezeichnet – Königin Wilhelmina führt ihr Heimatland durch die Wirren zweier Weltkriege und wird als erste Frau auf dem niederländischen Thron auch noch Jahrzehnte nach ihrem Tod von ihren Landsleuten hochgeachtet

Wilhelmina Helena Pauline Maria von Oranien-Nassau wird am 31. August 1880 in Paleis Noordeinde bei Den Haag geboren. Sie ist das jüngste Kind des niederländischen Königs Wilhelm III. und dessen zweiter Frau Prinzessin Emma zu Waldeck und Pyrmont. Wilhelmina – Prinzessin der Niederlande, Prinzessin von Oranje-Nassau, Herzogin von Limburg und Herzogin zu Mecklenburg – wird von ihren Eltern „Prinzessin Sonnenschein“ genannt und verbringt ihre Jugend in den Palästen Het Loo in Apeldoorn und Noordeinde und Huis ten Bosch in Den Haag. Nach dem Tod ihres Vaters 1890 tritt sie nur zehnjährig die Thronfolge an – bis zu ihrer Volljährigkeit 1898 übernimmt ihre Mutter Emma zu Waldeck und Pyrmont die Regentschaft. 1898 wird Wilhelmina zur niederländischen Königin gekrönt.

Aus der ersten Ehe des Vaters mit der früh verstorbenen Prinzessin Sophie von Württemberg hat Wilhelmina drei ältere Halbbrüder – Willem, Maurits und Alexander – von denen bei ihrer Geburt nur noch Alexander lebt, der jedoch über die erneute Eheschließung seines Vaters so erbost ist, dass er sich weigert, die Halbschwester zu sehen. Er stirbt, als Wilhelmina vier Jahre alt ist.

1901 heiratet Königin Wilhelmina den deutschen Herzog Heinrich zu Mecklenburg – aus Anlass ihrer Hochzeit macht sie zum ersten Mal von der goldenen Kutsche Gebrauch, die ihr 1898 von der Bevölkerung Amsterdams zu ihrer Amtseinführung zum Geschenk gemacht wird. Seit 1903 gehört die goldene Kutsche zum Zeremoniell am traditionellen „Prinsjesdag“. Obwohl die Eheschließung von der Königin-Mutter zusammen mit dem Deutschen Kaiser Wilhelm II. arrangiert wird gilt sie als glücklich. Nach vier Fehlgeburten folgt 1909 die Geburt ihrer einzigen Tochter Juliana Louise Emma Marie Wilhelmina – Prinzessin der Niederlande, Prinzessin von Oranien-Nassau und Herzogin zu Mecklenburg.

Während ihrer langen Regierungszeit trägt Königin Wilhelmina wesentlich zur Stärkung der Monarchie bei gleichzeitiger Demokratisierung der politischen Institutionen in den Niederlanden bei. Als politisch starke Regentin beteiligt sie sich bis an die Grenzen des konstitutionellen Systems am politischen Prozess – außerparlamentarische Kabinette und Probleme bei der Kabinettsbildung sind während ihrer Regentschaft nicht selten. Im Bereich der Außen- und Militärpolitik fordern die europäischen Krisen vor 1914 die Königin auf, Position zu beziehen, auch wenn ihr außenpolitischer Spielraum begrenzt ist.

Königin Wilhelmina vermittelt stets Präsenz und Gefahrenbewusstsein für die prekäre Neutralität ihres Landes – nach dem Ersten Weltkrieg 1918 huldigt ihr die Bevölkerung von Den Haag, während das niederländische Kabinett mit Sorge auf die revolutionären Unruhen im Deutschen Reich sieht. Dass der besiegte und von Revolution bedrohte deutsche Kaiser Wilhelm II. sich ausgerechnet in die neutralen Niederlande flüchtet, empfindet Wilhelmina als undiszipliniert und pflichtvergessen – dennoch gewährt sie ihm Asyl.

In der politisch zerklüfteten Zwischenkriegszeit ist die fromme und pluralistischen Weltwahrnehmungen ablehnend gegenüberstehende Königin Wilhelmina keine Führungsfigur mehr – 1934 stirbt ihr Mann und 1937 heiratet ihre Tochter Juliana den Deutschen Bernhard von Lippe-Biesterfeld. 1936 hält sich Wilhelmina zum letzten Mal in ihrem Leben zu einem Besuch in Deutschland auf – dabei meidet sie aber jede offizielle Begegnung mit dem NS-Regime. Königin Wilhelminas vierzigjähriges Thronjubiläum 1938 steht bereits im Zeichen wachsender Kriegsgefahr – 1940 werden die neutralen Niederlande vom Deutschen Reich angegriffen, ein britisches Kriegsschiff bringt Königin Wilhelmina nach London in Sicherheit. Dass die Königin im Exil zur moralischen Leitfigur des Widerstands wird, ist vor allem ihrem Charisma zu verdanken, mit dem sie die „anderen“ Niederlande verkörpert.

Nach dem Ende des Krieges kehrt Königin Wilhelmina 1945 in ihre Heimat zurück und setzt sich umgehend für die Bestrafung von Kollaborateuren ein. Ähnlich hart verurteilt sie die indonesischen Nationalisten und deren Kooperation mit den Japanern auf dem Weg zur Etablierung eines unabhängigen indonesischen Nationalstaats. Diese Einstellung gilt vielen Niederländern als nicht mehr zeitgemäß – Wilhelmina tritt 1948 zurück und macht den Weg frei für ihre Tochter Juliana.

Königin Wilhelmina – die die Großmutter von Prinzessin Beatrix sowie die Urgroßmutter des derzeitigen niederländischen Königs Willem-Alexander ist – bleibt in der kollektiven Erinnerung der Niederländer die „Mutter des Vaterlands“ in der Zeit größter Bedrohung und Selbstbehauptung. Bis zu ihrem Tod am 28. November 1962 lebt die Monarchin zurückgezogen auf Schloss Het Loo bei Apeldoorn, wo sie ihre Memoiren „Eenzaam maar niet alleen“ („Einsam aber nicht allein“) schreibt.