Sie ist die erste weibliche Regierungschefin Großbritanniens und wird wegen ihrer Verbalattacken auf die Sowjetunion auch “Iron Lady” genannt – dieser wenig schmeichelhaften Bezeichnung macht sie bis zu ihrer Abwahl alle Ehre. Sie reduziert in ihrem Heimatland die öffentlichen Ausgaben, treibt die Privatisierung staatlicher Betriebe voran und schränkt die Möglichkeiten der Gewerkschaften ein. Margaret Thatcher – die ihr Land in einen kurzen und überflüssigen Krieg gegen Argentinien treibt und der deutschen Einheit nur wenig abgewinnen kann – gilt als einflussreichste Politikerin des zwanzigsten Jahrhunderts
Margaret Hilda Thatcher wird als Margaret Hilda Roberts am 13. Oktober 1925 im englischen Grantham/Lincolnshire geboren und wächst in bürgerlichen Verhältnissen auf. Ihr Vater ist Kolonialwarenhändler, methodistischer Laienprediger und Bürgermeister von Grantham und ihre Mutter ist gelernte Hausschneiderin. Sie studiert am “Somerville College” in Oxford Chemie und arbeitet danach drei Jahre lang als Chemikerin – wobei sie unter anderem an der Erfindung des Softeises mitwirkt.
1950 nimmt Margaret Thatcher erstmals an den Unterhauswahlen teil, bei denen sie jedoch scheitert. Ein Jahr später heiratet sie sie den Unternehmer Denis Thatcher – 1953 kommen die Zwillinge Carol und Mark zur Welt. Margaret Thatcher studiert Rechtswissenschaften und spezialisiert sich als Anwältin aufs Steuerrecht. 1959 wird sie dann als Kandidatin der Konservativen für den Wahlkreis Finchley ins Unterhaus gewählt und 1961 wird sie zur Parlamentssekretärin im Ministerium für Sozialversicherungen ernannt. Danach ernennt sie Premierminister Edward Heath 1970 zur Kultus- und Wissenschaftsministerin – in dieser Funktion macht sie sich als “Milchräuberin” (“Milk snatcher”) einen Namen, in dem sie die Gratis-Milch an Grundschulen abschafft. Wie sich später herausstellt zu Recht, denn der größte Teil der Milch wird nicht getrunken und die Kosten sind für den Staat höher als die Kosten für Schulbücher und Bildungsmaterialien.
1975 wird Margaret Thatcher zur Parteivorsitzenden der Konservativen gewählt, 1976 attackiert sie in einer Rede scharf die Sowjetunion, was ihr den Spitznamen “Eiserne Lady” (“Iron Lady”) einbringt.
In den vorangegangenen dreißig Jahren geht es Großbritannien wirtschaftlich immer schlechter, zuletzt wird das Land als “armer Mann Europas” bezeichnet – ein Schlag ins Kontor des einst so stolzen Empires. Nach Ölkrise, staatlichen Rezessionen und enorm hoher Arbeitslosigkeit eskaliert ein Streit zwischen der Labour-Regierung und den noch mächtigen Gewerkschaften – Premier James Callaghan tritt zurück, bei Neuwahlen gewinnen die Konservativen und Margaret Thatcher wird als erste Frau Premierministerin von Großbritannien.
Der nun folgende “Thatcherismus” – wie die von Margaret Thatcher vertretene restriktive und monetaristische Wirtschaftspolitik bezeichnet wird – verändert Großbritannien innerhalb einer Dekade nachhaltig, auch wenn dessen Auswirkungen erst während der Amtszeit des Labour-Premiers Tony Blair zu spüren sind. In ihrer zehnjährigen Regierungszeit bekämpft Margaret Thatcher die wachsende Inflation, drängt den Einfluss des Staates und der Gewerkschaften zurück und privatisiert zahlreiche ehemalige Staatsunternehmen wie die Trinkwasserversorgung, die Elektrizitätsunternehmen, die Bahn und das Gesundheitswesen – die negativen Folgen dieser Deregulierung sind heute überall in Großbritannien zu beobachten. An der hohen Arbeitslosenzahl ändert sich während der Regierungszeit von Margaret Thatcher nur wenig – diese sinkt erst während der neunziger Jahre.
Im Konflikt um die im Süd-Atlantik liegenden Falkland-Inseln setzt Margaret Thatcher Truppen ein, um den von Argentinien besetzten Archipel zurückzugewinnen – der nach wenigen Wochen gewonnene Krieg beschert der Premierministerin 1982 einen enormen Popularitätsschub. 1983 wird sie bei den Unterhauswahlen im Amt bestätigt.
Das Margaret Thatcher keine Freundin der europäischen Integration ist, zeigt sich 1984, als sie unter dem Motto “I want my money back” den bis heute gültigen Britenrabatt zur Finanzierung der Europäischen Union einfordert. Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl sagt damals, er fürchte Margaret Thatcher “wie der Teufel das Weihwasser”.
1984 entkommt Margaret Thatcher während eines Parteitages der Konservativen im britischen Seebad Brighton nur knapp einem Terroranschlag der “IRA”, bei dem vier Menschen ums Leben kommen.
1987 gewinnen die Konservativen zum dritten Mal die Unterhauswahlen, Margaret Thatcher hält diese Amtszeit jedoch nicht bis zum Ende durch. Die Einführung einer Kopfsteuer (“Poll Tax”) – unabhängig von Einkommen und Vermögen – läutet ihren Untergang ein. Die Partei und auch das Volk stehen nicht länger hinter ihr – 1990 tritt sie vorzeitig zurück und übergibt ihr Amt an ihren Nachfolger John Major.
Als sich im Herbst 1989 nach dem Fall der Berliner Mauer die Deutsche Einheit abzeichnet, reagiert Margaret Thatcher zunächst strikt ablehnend und besteht auf die offizielle Anerkennung der Nachkriegsgrenzen durch Deutschland. Gegenüber dem deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker sagt sie, dass sich ihr Deutschlandbild im Wesentlichen bis 1942 gebildet und seitdem wenig geändert habe. 1990 nimmt sie dann an den Zwei-plus-Vier Gesprächen über die deutsche Einheit teil.
1991 überreicht US-Präsident George H. W. Bush der ehemaligen Premiermimisterin die höchste zivile Auszeichnung der USA – “The Presidential Medal Of Freedom”. Die polnische Stadt Danzig verleiht Margaret Thatcher die Ehrenbürgerwürde. Nach ihrem Rückzug aus der aktiven Politik 1992 wird Margaret Thatcher durch die Verleihung des Titels “Baroness of Kesteven” in den nichterblichen Adel erhoben und erhält dadurch einen Sitz im britischen Oberhaus.
Margaret Thatcher absolviert 2004 anlässlich der Trauerfeier für den verstorbenen amerikanischen Ex-Präsidenten Ronald Reagan ihren letzten öffentlichen Auftritt. 2008 wird bekannt, dass sie unter fortgeschrittener Demenz leidet.
Margaret Thatchers Anhänger heben stets ihre Wirtschafts- und Sozialpolitik sowie ihre enorme psychische und physische Leistungsfähigkeit hervor, Kritiker werfen ihr dagegen Eitelkeit, Rechthaberei, Chauvinismus und Selbstverliebtheit vor sowie die Zerstörung des gesellschaftlichen Gemeinschaftsgefühls durch die Zerschlagung der Gewerkschaften, der Ruinierung des öffentlichen Sektors sowie Ignoranz gegenüber immateriellen gesellschaftlichen Werten. Auch wenn die Bedeutung der Politikerin für die wirtschaftliche Erholung Großbritanniens bis heute umstritten ist, gilt Margaret Thatcher als eine der einflussreichsten Figuren der politischen Nachkriegslandschaft Europas.
2012 kommt der Film “The Iron Lady” in die Kinos, in welchem die Lebensgeschichte von Margaret Thatcher nachgezeichnet wird. Die ehemalige Premierministerin wird darin von der amerikanischen Schauspielerin Meryl Streep verkörpert.
Margaret Thatcher stirbt am 8. April 2013 im Alter von siebenundachtzig Jahren an den Folgen eines Schlaganfalls.