Sie gewinnt die größten Tennisturniere der Welt und zählt knapp zwei Jahrzehnte lang zu den besten Tennisspielerinnen der Welt. Martina Navrátilová ist die erste Sportlerin, die sich als homosexuell outet – zeitweilig gilt sie als Synonym für die Lesbe schlechthin. Heute wird sie als Sportlegende und Ikone der Homosexuellenbewegung weltweit verehrt
Martina Navrátilová wird am 18. Oktober 1956 als Martina Šubertová in Prag geboren. Als sie drei Jahre alt ist, lassen sich ihre Eltern scheiden und sie wächst bei ihrer Mutter und deren neuen Ehemann Miroslav Navrátil im tschechischen Řevnice auf – einem Vorort von Prag. Früh zeigt sie sportlichen Ehrgeiz – sie fährt Ski, spielt Fußball und Eishockey und kommt über ihren Stiefvater mit dem Tennissport in Berührung. Das Talent dafür liegt in der Familie – bereits Martina Navrátilovás Großmutter Agnes Semanská ist 1935 böhmische Tennis-Meisterin.
1964 spielt Martina Navrátilová ihr erstes Turnier – danach beschließt sie Profi zu werden und träumt davon, Wimbledon zu gewinnen oder den Federation Cup für ihr Land zu holen. Tennis gilt in den Ostblockstaaten als elitär – jedoch nicht in der Tschechoslowakei, wo der Sport als Möglichkeit gesehen wird, das Ansehen im Ausland zu steigern und Devisen ins Land zu bringen. Mit fünfzehn Jahren wird Martina Navrátilová erstmals tschechoslowakische Meisterin und 1973 übernimmt sie den ersten Platz der nationalen Rangliste.
1975 stellt Martina Navrátilová während einer Tennis-Tour in den USA einen Antrag auf politisches Asyl – schon immer angetan vom „American Way Of Life“ lässt sich die Achtzehnjährige dort nieder und kehrt erst 1986 zum Finale des Federation Cups in die Heimat zurück, wo sie in Prag frenetisch bejubelt wird. Bis heute ist sie die einzige Spielerin, die den Federation Cup für zwei verschiedene Länder gewinnt.
Ihre größten Triumphe feiert Martina Navrátilová in den achtziger Jahren – mehr als dreihundert Wochen steht sie an der Spitze der Tennis-Weltrangliste, darin wird sie bis heute nur von Steffi Graf übertroffen. Sie gewinnt insgesamt neunundfünfzig Grand-Slam-Titel – darunter die Australian Open, die French Open, Wimbledon und die US-Open – im Einzel, Doppel und Mixed. Allein in Wimbledon gewinnt sie zwanzig Titel, womit sie den Rekord von Tennislegende Billie Jean King einstellt. Bis heute werden ihre Erfolge nicht übertroffen – auch von keinem männlichen Spieler.
Legendär sind Martina Navrátilovás Duelle gegen ihre größte Rivalin Chris Evert, bei der Welten aufeinanderprallen – die angriffslustige osteuropäische Kraftmaschine mit dem fremdartigen Akzent und den unübersichtlichen Lebensverhältnissen gegen das beliebte und feminine All-American-Girl.
1995 verabschiedet sich Martina Navrátilová vorerst aus der Tenniswelt – sie wird in die „Tennis Hall Of Fame“ aufgenommen und kehrt 2000 zurück, gewinnt 2003 die Australian Open sowie ihren zwanzigsten Wimbledon-Titel, womit sie die älteste Spielerin ist, die je ein Grand-Slam-Turnier gewinnt. 2004 wird sie für die Olympischen Spiele in Athen nominiert, wo sie im Viertelfinale ausscheidet. 2006 tritt sie dann endgültig vom Hochleistungssport zurück.
1980 outet sich Martina Navrátilová nach dem Bekanntwerden ihrer Affäre mit der Bestsellerautorin Rita Mae Brown als Lesbe. Als erste Tennisspielerin überhaupt tritt sie in Shorts auf und begreift sich – zunächst unpolitisch und lediglich auf ihre Sportkarriere konzentriert – in den folgenden Jahren mehr und mehr als prominente Botschafterin der Gay-Community. In einer Rede vor einer halben Million Menschen an einer Demonstration in der US-Hauptstadt sagt sie 1993: „Was unsere Bewegung für die Gleichberechtigung am meisten braucht, ist, dass wir aus dem Verborgenen heraustreten. Outen wir uns selbst und zerstören wir damit die Gerüchte! Outen wir uns und stellen wir uns ans richtige Ufer!“. Dank ihr nimmt man heute andere lesbische Spitzenathletinnen wesentlich unaufgeregter zur Kenntnis.
Martina Navrátilová gehört jahrelang zu den Top-Verdienerinnen des Tennissports – nach ihrem Outing muss sie jedoch Einbußen bei Sponsoren- und Werbeverträgen hinnehmen.
Von 1982 bis 1990 lebt Martina Navrátilová mit Judy Nelson zusammen, die sich jahrelang um ihre Privatangelegenheiten kümmert und nach der Trennung vor Gericht einen Ausgleich einklagt – dies entwickelt sich zum monatelangen Medienspektakel.
Martina Navrátilová ist begeisterte Natur- und Tierschützerin – sie ernährt sich vegan und gründet die Jugendstiftung „Martina Youth Foundation“ zugunsten sozial schwacher Kinder.
1991 veröffentlicht Martina Navrátilová ihre Autobiografie mit dem Titel „So bin ich“, in der sie auch zu ihrer Homosexualität Stellung nimmt.
2008 nimmt Martina Navrátilová an der Fernsehshow „I’m A Celebrity… Get Me Out Of Here!“ teil – im selben Jahr erhält sie wieder die Staatsbürgerschaft ihrer tschechischen Heimat. 2010 teilt sie mit, dass sie an Brustkrebs erkrankt ist – mittlerweile hat sie Krankheit überstanden.
Martina Navrátilová ist seit 2014 mit ihrer langjährigen Partnerin Julia Lemigova verheiratet – das Paar lebt im US-Bundesstaat Florida.