Mit Mut und Ehrlichkeit spielt er sich in die Herzen der Nation, doch die berühmte Winnetou-Rolle wird ihm im Laufe seines Lebens auch zur Bürde – während Kollegen wie Alain Delon oder Jean-Paul Belmondo eine internationale Karriere hinlegen, reitet Pierre Brice bis ins vorgerückte Alter in den deutschen Sonnenuntergang. Die Rolle des Apachenhäuptlings macht den gut aussehenden Franzosen bei uns unsterblich – in seiner Heimat bleibt er dagegen nahezu unbekannt
Pierre Brice kommt am 6. Februar 1929 im französischen Brest in der Bretagne als Pierre Louis le Bris zur Welt – er entstammt einer adligen Familie, der Vater ist Marineoffizier. Mit seiner Schwester Yvonne wird er religiös und patriotisch erzogen. Als er elf Jahre alt ist, besetzen die Deutschen Frankreich und sein Vater geht in den Widerstand – der Rest der Familie flieht in das Dorf Lesneven und sucht Unterschlupf bei Verwandten.
Mit neunzehn Jahren meldet sich Pierre Brice freiwillig zum Indochinakrieg, später ist er Fallschirmjäger im Algerienkrieg. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich schlägt er eine Schauspielkarriere ein, die nur schleppend anläuft. Anstatt auf der Bühne zu stehen und Filme zu drehen, verkauft er Schreibmaschinen, arbeitet als Model für Werbung und Fotoromane und schließt sich einer Artistengruppe an.
Sein Filmdebüt hat Pierre Brice 1954 neben Eddie Constantine in „Ça va barder“ („Harte Fäuste – heißes Blut“), einige weitere bedeutungslose Sandalen-, Mantel- und Degen-Filme folgen. 1961 wird er auf der „Berlinale“ vom deutschen Filmregisseur Horst Wendland – sehr erfolgreich mit seinen „Edgar-Wallace“-Produktionen – entdeckt und kurze Zeit später steht er mit seinem amerikanischen Kollegen Lex Barker im kroatischen Karstgebirge als Old Shatterhand vor der Filmkamera. „Der Schatz im Silbersee“ (1962) wird ein enormer Erfolg und Pierre Brice avanciert über Nacht zum deutschen Top-Star und Teenager-Idol. Der weite Blick in die Ferne, sein wortkarges Wesen – in Wirklichkeit aus Gründen seiner mangelhaften Deutschkenntnisse – und sein vorbehaltloser Leinwandeinsatz für Toleranz, Menschlichkeit, Frieden und Völkerverständigung lassen Pierre Brice zum Vorbild vieler Deutscher werden.
Von 1962 bis 1968 spielt Pierre Brice die Rolle des Winnetou in insgesamt elf Karl-May-Verfilmungen, sieben davon dreht er an der Seite von Lex Barker und drei mit Stewart Granger. Im dritten Winnetou-Film wird der Apachenhäuptling durch eine Kugel tödlich getroffen, was eine Welle der Empörung auslöst. Produzent Horst Wendland erhält Morddrohungen und schon 1964 reitet Winnetou in „Old Shatterhand“ wieder durch die Prärie.
Nach dem Abflauen der Winnetou-Begeisterung und den sich ändernden Sehgewohnheiten des Publikums wird es ruhiger um Pierre Brice – er spielt in einigen unbedeutenden italienischen und französischen Film- und Fernsehproduktionen mit, hat mehrere Theaterauftritte und versucht erfolglos mit Liedern wie „Ich steh’ allein“, „Du bist schön“ und „Winnetou, du warst mein Freund“ eine Gesangskarriere einzuschlagen.
1976 nutzt Pierre Brice die Gelegenheit, die ihm die Freilichtbühne Elspe im Sauerland bietet, erneut die Winnetou-Rolle zu spielen. Bis weit in die achtziger Jahre hinein verkörpert er dort sehr erfolgreich die indianische Heldenfigur, später kann man ihn auch bei den Karl-May-Festspielen in Bad Segeberg sehen. In den neunziger Jahren übernimmt der immer noch populäre Schauspieler Rollen in den Fernsehserien „Ein Schloss am Wörthersee“, „Klinik unter Palmen“ und „Das Traumschiff“.
Im Laufe seiner Karriere wird Pierre Brice mit unzähligen Auszeichnungen geehrt – zwölfmal erhält er einen „Bravo“-Otto, fünfmal einen „Bambi“ und einmal eine „Goldenen Kamera“. 1992 wird ihm das „Bundesverdienstkreuz 1. Klasse“ verliehen.
Pierre Brice setzt sich mit Nachdruck für Menschenrechte ein und ist UNICEF-Botschafter – 2000 wird er für sein Engagement mit dem „Thomas-Morus-Preis“ ausgezeichnet.
Pierre Brice lebt bis zu seinem Tod mit seiner aus Amberg stammenden Frau Hella Krekel auf einem Landsitz in der Nähe von Paris. Er stirbt am 6. Juni 2015 mit sechsundachtzig Jahren in einem Pariser Krankenhaus an den Folgen einer Lungenentzündung.