Sie ist bekannt für ihre „Engelsstimme“, gilt als ewige Rivalin von Maria Callas und zählt zu den größten Sängerinnen des zwanzigsten Jahrhunderts – Renata Tebaldi singt mit ihrem perfekten Sopran alle Traumpartien des italienischen Fachs und begeistert knapp drei Dekaden lang Opernfreunde auf der ganzen Welt
Renata Ersilia Clotilde Tebaldi wird am 1. Februar 1922 in Pesaro in der italienischen Region Marken als Tochter eines Orchestermusikers geboren und wächst in ärmlichen Verhältnissen auf. Ihre Eltern trennen sich früh, mit drei Jahren erkrankt sie an Kinderlähmung, deren Folgen sie ihr Leben lang nicht ganz überwindet. Ihre Eltern ermöglichen ihr ein Musikstudium am Konservatorium in Parma – zunächst möchte sie Pianistin werden, entscheidet sich dann aber für den Gesang.
1944 debütiert Renata Tebaldi am Teatro Municipale in Rovigo als Helena in „Mefistopheles“ von Arrigo Boito. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wird sie von dem aus dem Exil zurückgekehrten Dirigenten Arturo Toscanini entdeckt und an die Mailänder Scala verpflichtet, wo sie 1946 bei einem Konzert zur Wiedereröffnung des Opernhauses die Solopartie in Verdis „Requiem“ singt.
Schon bald kommt es an der Mailänder Scala zum Konkurrenzkampf mit der ebenfalls dort engagierten Maria Callas – „Tigerin“ gegen „Engel“ schreiben die Klatschgazetten in jener Zeit. Renata Tebaldi weicht nach New York aus, wo sie von 1955 bis 1973 dem Ensemble der dortigen Metropolitan Opera angehört. Mit der „Met“ geht sie auf Konzertreisen und bestreitet in siebzehn Spielzeiten insgesamt zweihundertzehn Aufführungen.
In den sechziger Jahren gastiert Renata Tebaldi am Covent Garden in London, an der Wiener Staatsoper und am Deutschen Opernhaus Berlin sowie in Paris, Rom, Neapel, Chicago, Tokio und Barcelona – Tourneereisen führen sie unter anderem ans Teatro Colón von Buenos Aires und an die Oper von Rio de Janeiro. Sie konzertiert in Spanien, Portugal, Deutschland, Holland, Frankreich und immer wieder mit ausgedehnten Tourneen in Nord- und Südamerika.
Renata Tebaldi macht sich vor allem als Interpretin in Opern von Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini einen Namen. Während Maria Callas mit Vorliebe die romantischen Leidensfiguren und gefährlichen Frauen Medea, Norma und Lady Macbeth verkörpert, widmet sich Renata Tebaldi den Märtyrerinnen und selbstlosen Heldinnen wie Verdis Leonora, Violette, Aida und Desdemona, Cileas Adriana Lecouvreur, Puccinis Manon und Tosca, Catalanis La Wally und Wagners Elisabeth und Elsa.
Das musikalische Vermächtnis von Renata Tebaldi ist umfangreich – unzählige Opernaufnahmen dokumentieren die große stilistische und interpretatorische Bandbreite der Sängerin. 1958 erhält sie einen „Grammy“ als „Best Classical Performance -Vocal Soloist“ für ihr „Operatic Recital“ und zwei Jahre später für Puccinis „Turandot“ in der Sparte „Best Classical Opera Production“. Renata Tebaldi gibt in ihrer drei Jahrzehnte andauernden Karriere 1260 Aufführungen und 268 Konzerte.
1973 zieht sich Renata Tebaldi von der Opernbühne und später auch aus dem öffentlichen Leben zurück – ihren letzten Auftritt hat sie 1976 an der Mailänder Scala mit dem Lied „Non ti scordar di me“ („Vergesst mich nicht“). Danach lebt die Sängerin zurückgezogen in Mailand.
Renata Tebaldi – die ihr Leben lang unverheiratet bleibt – stirbt nach längerer Krankheit am 19. Dezember 2004 im Alter von zweiundachtzig Jahren in ihrem Haus in San Marino. Sie findet ihre letzte Ruhestätte in einem Familiengrab auf dem Friedhof Mattaleto von Langhirano in der Nähe von Parma.