Von den einen als überspannte und launische Exzentrikerin gefürchtet und von den anderen als hochtalentierte Bühnenactrice verehrt gilt Sarah Bernhardt als berühmteste Schauspielerin ihrer Zeit und als einer der allerersten Weltstars. Die selbstbewusste Französin brilliert auf Theaterbrettern rund um den Globus als große Tragödin in klassischen französischen Dramen ebenso wie in modernen Gesellschaftsstücken und sorgt ein halbes Jahrhundert lang mit Affären und Eskapaden für Schlagzeilen
Sarah Bernhardt 1880, Foto: By Napoleon Sarony (1821-1896) [Public domain], via Wikimedia Commons
Sarah Bernhardt wird als Marie Henriette Rosine Bernardt am 22. Oktober 1844 in Paris geboren – sie ist die Tochter der jüdisch-niederländischen Putzmacherin Julie Bernardt, die sich Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in der französischen Hauptstadt niederlässt. Ihr Vater – der Jurastudent Edouard Bernard – zahlt ausreichend Alimente, so dass sich ihre Mutter ein Haus in Neuilly sowie eine Amme für die Tochter leisten kann.
Mit acht Jahren kommt Sarah Bernhardt in ein Pensionat in Auteuil und zwei Jahre später auf die renommierte Klosterschule Grandchamps in Versailles. Der damalige Liebhaber ihrer Mutter – der Duc de Morny – vermittelt der vierzehnjährigen Sarah Bernhardt an der „Comédie-Française“ eine Ausbildung zur Schauspielerin.
Bereits vier Jahre später debütiert das junge Mädchen unter dem Künstlernamen Sarah Bernhardt in der Titelrolle in „Iphigénie“, doch die Karriere droht schon nach wenigen Monaten zu scheitern – nach einem Streit mit einer Kollegin wird Sarah Bernhardt entlassen und kann jahrelang nur unbedeutende Rollen auf kleinen Bühnen spielen.
Von einem Aufenthalt in Brüssel kehrt Sarah Bernhardt schwanger nach Paris zurück – ihre Mutter ist trotz ihres eigenen Lebenswandels empört und wirft ihre Tochter hinaus. Die Schauspielerin zieht mit ihrer jüngeren Halbschwester Régina in ein Apartment, wo sie 1864 ihr einziges Kind Maurice zur Welt bringt. Der Vater ist der belgische Fürst Henri de Ligne, der sie auch heiraten möchte, jedoch von seiner Familie daran gehindert wird – der Beruf des Schauspielers gilt in der damaligen Zeit als anrüchig und nicht gesellschaftsfähig.
1868 stellt sich für Sarah Bernhardt der erste berufliche Erfolg ein – sie spielt am Pariser „Odéon“ eine Rolle in „Kean“ von Alexandre Dumas. Im deutsch-französischen Krieg 1870/71 – als alle Theater geschlossen sind – pflegt Sarah Bernhardt Verwundete. Nach dem Krieg kehrt sie an die „Comédie Française“ zurück und es beginnt ein schneller und steiler Aufstieg.
Bald gilt Sarah Bernhardt als die berühmteste Darstellerin ihrer Zeit – in Frankreich gefeiert als „la voix d’or“, die Goldene Stimme, oder „la divine“, die Göttliche. Verehrt in ganz Europa und in Amerika schafft sie sich durch ihre Exzentrik ein öffentliches Image – sie steigt in einer Montgolfière in den Himmel über Frankreich auf und lässt Fotos verkaufen, auf denen sie in einem Sarg zu sehen ist – ihre Wohnung beherbergt eine Menagerie zahlreicher Tiere.
1880 kommt Sarah Bernhardt mit dem Schiff in New York an und beginnt eine halbjährige Tournee durch diverse US-Städte. Danach folgt eine Gastspielreise durch Europa – in London lässt es Königin Victoria sich nicht nehmen, eine Aufführung der „Kameliendame“ von Alexandre Dumas mit Sarah Bernhardt in der Hauptrolle zu besuchen. In St. Petersburg spielt die siebenunddreißigjährige Französin mit Zar Alexander III. im Publikum.
1882 heiratet Sarah Bernhardt den Attaché der griechischen Botschaft Jacques Damala, der sich für begabt genug hält, um Schauspieler und Bühnenpartner seiner berühmten Frau zu werden. Sarah Bernhardt eröffnet für ihn ein eigenes Theater unter der Leitung ihres Sohnes Maurice. Durch den griechischen Akzent Jacques Dalamas sowie durch dessen Glücksspiel und Morphinsucht ist das Unternehmen erfolglos und bald völlig bankrott – noch im Jahr der Hochzeit trennen sich die beiden.
Sarah Bernhardt teilt ihre Arbeitszeit zwischen Engagements in Paris und ausgedehnten Gastspielreisen, ihr emotionales Schauspiel gibt ihr die Möglichkeit, in klassischen französischen Dramen ebenso wie in modernen Gesellschaftsstücken so wie auch in Männerrollen zu überzeugen. In Paris leitet sie mehrere Theater, an denen sie auch auftritt – unter anderem auch das noch heute existierende Théâtre Sarah Bernhardt.
Neben Romanen und Lustspielen schreibt Sarah Bernhardt ihre Memoiren („Mein Doppelleben“), nebenher malt sie und betreibt Bildhauerei. 1906 erhält die Schauspielerin eine Professur am Pariser Konservatorium, 1914 wird sie Mitglied der Französischen Ehrenlegion.
1905 muß Sarah Bernardt während einer Aufführung in Rio de Janeiro von einer Mauer springen, wobei sie sich schwer am Knie verletzt – in der Folge leidet sie jahrelang an Schmerzen, 1915 wird ihr rechtes Bein amputiert. Trotz des Unfalls gibt sie ihre Arbeit nicht auf, auch engagiert sie sich während des Ersten Weltkriegs bei der Betreuung der Truppen und spielt hinter der Front in Zelten, Scheunen und Lazaretten auf improvisierten Bühnen. Auftritte in Deutschland lehnt sie als französische Patriotin stets ab.
1911 entsteht der Stummfilm „La Dame aux camélias“ („Die Kameliendame“) mit Sarah Bernhardt in der Titelrolle – trotz großen Erfolges und einiger weiterer Hauptrollen in Kinofilmen hält die Schauspielerin nicht viel von der Arbeit vor der Filmkamera.
Sarah Bernhardt stirbt am 26. März 1923 in Paris – ihr Grab befindet sich auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise.