Tana Schanzara ist bekannt als „Perle vom Pott“ weit über das Ruhrgebiet hinaus. Dafür sorgen nicht nur ihre zahlreichen Film- und Fernsehauftritte – sie verkörpert die ebenso raue wie herzliche, mütterliche Frau, die das Herz und die Schnauze am rechten Fleck hat und klar und gerade heraussagt, was Sache ist. Eine Direktheit, die ihren zahlreichen Fans aus der Seele spricht
Tana Schanzara kommt als Konstanze Schwanzara am 19. Dezember 1925 in Kiel als Tochter der Opernsänger Gertrud und Hans Schanzara zur Welt. Die Eltern haben ein Engagement am Opernhaus in Dortmund. Tana Schanzara wächst zu einer Zeit auf, als die Hoesch-Stahlwerke noch ganz die Stadt bestimmen. Nach dem Abitur nimmt sie in Köln bei Friedel Münzer Schauspielunterricht und ist danach an den Kammerspielen in Bonn und Theatern in Köln, Mannheim, Oldenburg und Gelsenkirchen tätig. Die „Kohlenpott-Duse“ sagte selber in Interviews: „Ich wusste schon in der Schule, dass ich zur Bühne will“.
Schon beim ersten Vorsprechen bekommt sie ein Engagement in den Kammerspielen Bonn, nach diversen Zwischenstationen wird sie dann 1956 am Bochumer Schauspielhaus engagiert. In ihrer Garderobe steht stets ein Bett – zum Übernachten nach langen Proben. Außer dem Gründungsintendanten Saladin Schmitt erlebt sie am renommierten Bochumer Theater alle Chefs erlebt und ist mit über fünfzig Jahren Bühnenpräsenz jahrelang dienstälteste Schauspielerin des Ensembles.
In den ersten Jahrzehnten ihrer Bühnentätigkeit spielt Tana Schanzara hauptsächlich komische Nebenrollen, in den achtziger und neunziger Jahren kann sie in Hauptrollen und tragischen Stücken überzeugen. Sie spricht auf der Bühne des Bochumer Schauspielhauses wie die Kumpel und Kioskgänger ihrer Dortmunder Heimat. Das Ruhrgebiet ist ihr Zuhause, das sie außer zu Dreharbeiten oder kurzen Gastspielen selten verlässt, hier wird sie verehrt wie eine Heidi Kabel des Kohlenpotts.
Schon in ihrer ersten großen Rolle als Hure in Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“ prägt Tana Schanzara den rauen, aber herzlichen Ton, der sie in einem hart arbeitenden Milieu zum Publikumsliebling macht. Sie trägt das Herz auf dem rechten Fleck – egal, ob in komischen Nebenrollen oder als tragische Figur wie in Peter Turrinis „Tod und Teufel“ – ein Gastspiel am Wiener Burgtheater, das ihr 1990 den Titel „Schauspielerin des Jahres“ einbringt. Sie arbeitet mit renommierten Regisseuren wie Peter Zadek, Claus Peymann, Rainer Werner Fassbinder oder Leander Haußmann zusammen.
In einer Region mit rund 300.000 organisierten Hobbysängern und unendlich vielen Bergmannschören jubelt das Publikum besonders, wenn Tana Schanzara anfängt zu singen. Sie hat eine volle, manchmal rotzige, Stimme, von der sie ohne Probleme durch Solo-Liederabende wie „Tana in New York“ getragen wird. Sprichwörtlich wird in der Region ihr Radiohit „Vatta, aufsteh’n!” („So Vatter, getz kannze liiegen bllaaiben“). Es folgt eine Langspielplatte und in den achtziger Jahren die Single „Doch zum Glück gibt’s sowat alles nur in Dallas“.
In Bochum ist Tana Schanzara eine populäre und beliebte Persönlichkeit. Ihre Vielseitigkeit und Verbundenheit mit dem Ruhrgebiet stellt sie unter anderem bei Feiern oder Veranstaltungen unter Beweis, so als typische Kiosk-Besitzerin aus Bochum beim „ZDF-Städteturnier“ 1988 oder mit Auftritten bei der Jahresfeier der Disco „Zeche Bochum“ 1989 und der „40-Jahr-Feier des Opel-Werkes“ 2002. In den Neunzigern arbeitet sie mehrfach für Fernsehfilme mit Hape Kerkeling, der einer ihrer größten Fans ist („Club las Piranjas“, „Willy und die Windsors“), Detlef Buck („Männerpension“) und Helge Schneider („Jazzclub“).
Ohne Arbeit – „da würde ich ja nur noch im Bett rumliegen und Rotwein trinken“ sagt die bekennende Tiernärrin (zeitweilig leben in ihrem Haus mehr als vierzig herrenlose Hunde) in einem Interview zum achtzigsten Geburtstag, der im Dezember 2005 mit einer großen Gala in den Bochumer Kammerspielen begangen wird. „Ich möchte weitermachen, unbedingt.“ Dieser Wunsch hat sich für sie erfüllt. Sie hat weitergemacht, fast bis zum letzten Tag – eine Volksschauspielerin im ursprünglichen Sinne.
Tana Schanzara, die zuletzt in einem Altenstift in der Nähe des Bochumer Schauspielhauses lebt, stirbt am 19. Dezember 2008 – ihrem dreiundachtzigsten Geburtstag – in einer Bochumer Klinik.