Er vollzieht in den zwanziger und dreißiger Jahren eine eindrucksvolle Karriere als genial-komischer Charakterdarsteller. Auf diversen Theaterbühnen sowie im Film und Fernsehen spielt er mit Vorliebe den näselnden Würdenträger – in ausweglosen Situationen um Etikette bemüht. Mit viel Talent und großer Eindringlichkeit wirkt Theo Lingen in über zweihundert Filmen mit und ist bis heute unvergessen
Theo Lingen kommt als Franz Theodor Schmitz am 10. Juni 1903 in Hannover zur Welt. Als Sohn des Justizrates Theodor Schmitz – verheiratet mit Maria Magdalena Overzier – wächst er dort in behüteten Verhältnissen auf. Er besucht das Königliche Goethegymnasium, welches er ohne Abschluss verlässt. Proben einer Schulaufführung im Boulevard-Theater Schauburg offenbaren sein ernsthaft-komödiantisches Talent. Sein Vater ist im emsländischen Lingen geboren – Franz Theodor Schmitz nennt sich fortan Theo Lingen.
1922 spielt Theo Lingen am hannoverschen Residenztheater, danach in Halberstadt, Münster und Recklinghausen. Schnell eignet er sich für seine virtuos-marionettenhafte Pointenarbeit den Ruf eines superben Charakterschauspielers an. Bertolt Brecht besetzt Theo Lingen erstmals 1929 als Macheath in seiner Dreigroschenoper am Theater am Schiffbauerdamm in Berlin. Er spielt in Brechts „Badener Lehrstück vom Einverständnis“ (1929) und „Mann ist Mann“ (1931), tritt in Avantgardestücken – wie in Ernst Tollers „Feuer aus den Kesseln“ (1930) – auf, an der Volksbühne, in Kabaretts und Revuen am Kurfürstendamm („Alles Schwindel“, 1931). 1932/33 ist er Mitglied der Berliner Komödie und des Komödienhauses. 1936 engagiert ihn Gustaf Gründgens an die Preußischen Staatstheater, denen er bis 1944 angehört.
Auch Filmregisseur Fritz Lang ist von Theo Lingens Qualitäten überzeugt – im Filmklassiker „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ (1931) und in „Das Testament des Dr. Mabuse“ (1933) beeindruckt Theo Lingen durch ernste Rollen.
Theo Lingen und seine Frau – die Sängerin und Ex-Frau von Bertolt Brecht Marianne Zoff – bekommen 1928 die Tochter Ursula, die ebenfalls Schauspielerin wird.
1930 findet Theo Lingen mit „Dolly macht Karriere“ seinen Einstieg in Film-Komödien und Lustspielen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten werden für das reglementierte Kino hauptsächlich Filme produziert, die unkritisch und unterhaltend sind. Joseph Goebbels zählt zu den Anhängern des Schauspielers und veranlasst, dass seine Frau, die Halbjüdin ist, nicht verfolgt wird. Während dieser Zeit spielt Theo Lingen öfters mit dem Gedanken ins Exil zu gehen. Der Schauspieler führt 1936 erstmals Eigenregie bei der vierteiligen „Eulenspiegel“-Kurzfilm-Serie. Man sieht Theo Lingen unter anderem in „Die unruhigen Mädchen“ (1937), „Die verschwundene Frau“ (1937), „Es leuchten die Sterne“ (1938), „Opernball“ (1939), „Sieben Jahre Pech“ (1940), „Der ungetreue Eckehart“ (1940), „Rosen in Tirol“ (1940), „Sieben Jahre Glück“ (1942) und „Wiener Blut“ (1942).
1945 zieht Theo Lingen mit seiner Familie nach Wien und nach Kriegsende geht er mit Paul Kemp und Johannes Heesters zusammen an die „Wanderbühne Künstlergemeinschaft Bad Ischl“. Anfang 1945 ziehen sich die Lingens nach Strobl am Wolfgangsee zurück. Theo Lingen nimmt 1946 die österreichische Staatsangehörigkeit an und wird Mitglied des Wiener Burgtheaters.
Im Nachkriegsfilm übernimmt Theo Lingen, der privat als ungemein ernst, still und belesen gilt, zunächst Hauptrollen in Remakes früherer Tonfilm-Erfolge – oft zusammen mit Hans Moser oder Heinz Rühmann – wie in der Sport-Komödie „Der Theodor im Fußballtor“ (1950) sowie in diversen Heimatfilmen. Als Sir David Lindsay kann man ihn in den fünfziger Jahren in einigen der der populären Karl-May-Verfilmungen sehen.
Seit den sechziger Jahren ist Theo Lingen verstärkt auch in Fernsehrollen zu sehen, so in „Klimbim“ neben Elisabeth Volkmann. Mit der sechsteiligen Serie „Die Lümmel von der ersten Bank“, die in den Jahren 1967 bis 1971 ausgestrahlt wird, feiert Theo Lingen große Erfolge in der Rolle des strengen Oberstudienrates Professor Taft.
Theo Lingen stirbt am 10. November 1978 in Wien an den Folgen eines Krebsleidens. Die Stadt Wien widmet dem Wahl-Österreicher ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof.