William Somerset Maugham ist Gentleman, Globetrotter und Romancier und gilt als meistgelesener und produktivster Unterhaltungsschriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts – mit distanziertem Blick, Gelassenheit und großer Brillanz erweckt er in seinen zahlreichen Kurzgeschichten die großen und kleinen Schwächen der Menschen zu literarischem Leben
William Somerset Maugham 1934, Foto: Carl Van Vechten [Public domain], via Wikimedia Commons
William Somerset Maugham kommt am 25. Januar 1874 in der britischen Botschaft in Paris als vierter Sohn eines englischen Anwalts zur Welt – bereits als kleines Kind verliert er seine Eltern und wächst in Internaten und unter der Obhut eines Onkels in Kent auf. Nach dem Besuch der King’s School in Canterbury studiert er in Oxford, Heidelberg und London Medizin, Literatur und Philosophie und legt 1898 das Examen zum Arzt ab.
Mit Anfang Zwanzig erkrankt William Somerset Maugham an einer Lungentuberkulose, die er in Südfrankreich auskuriert – nach seiner Erholung zieht er nach Paris und 1907 gelingt ihm mit dem Theaterstück „Lady Frederick“ der erste größere Erfolg. In seinem kurz darauf erscheinenden literarischen Erstlingswerk „Liza Of Lambeth“ stellt er die Erfahrungen, die er als angehender Arzt in den Armenvierteln Londons macht, derart naturalistisch dar, dass er damit in bürgerlichen Kreisen für einen Skandal sorgt.
Während des Ersten Weltkrieges dient William Somerset Maugham beim englischen Geheimdienst, für den er in Italien, der Schweiz und in den USA tätig ist. 1917 wird er nach Russland beordert, wo er bis zur Oktoberrevolution bleibt, führende russische Politiker kennenlernt und eine große Zahl wertvoller Berichte verfasst. Gleichzeitig dient er als Informant des amerikanischen Geheimdienstes. 1917 kehrt er nach Großbritannien zurück. Die Erfahrungen aus jener Zeit verarbeitet William Somerset Maugham in seinem Geschichtenzyklus „Ashenden oder Der britische Geheimagent“ (1928), in welchen die nachrichtendienstlichen Geschäfte kritisch und illusionslos betrachtet werden – er beeinflusst damit mehrere spätere Schriftsteller wie Graham Greene, Eric Ambler, Ian Fleming und John le Carré.
William Somerset Maugham plant seine Karriere sorgfältig und nüchtern – 1933 gibt er es auf, Theaterstücke zu schreiben. Während des Zweiten Weltkrieges muss er Frankreich wegen den anrückenden deutschen Truppen vorübergehend verlassen. In einem Cottage auf einer Plantage im US-Bundesstaat South Carolina geht er einige Jahre ungestört seiner schriftstellerischen Arbeit nach. 1947 stiftet er den Literaturpreis „Somerset Maugham Award“.
Das William Somerset Maugham gerne reist, zeigt sich in zahlreichen seiner Romane – seine Aufenthalte in der Südsee, in Malaysia, Russland, Persien und Fernost finden Niederschlag in etlichen seiner Kurzgeschichten, in denen er meisterhaft packende und authentische Menschenporträts beschreibt, die in einem perfekt austarierten, persönlichen Gleichgewichtssystem stehen, ihre Lebenssicherheit bewahren und sie eines Tages – durch eine kleine Veränderung – verlieren. Jeder Mensch – so William Somerset Maugham – kann jederzeit die Macht über sich selbst verlieren, wenn ein neuer Mensch in sein Leben tritt und mit ihm die Liebe, der Hass oder die Angst.
Zu den bedeutendsten Arbeiten von William Somerset Maugham zählen die autobiographische Geschichte „Der Menschen Hörigkeit“ (1915) sowie „Auf Messers Schneide“. Die Produktivität des Schriftstellers ist erstaunlich und seine Erzählungen sind extrem erfolgreich – schon vor seinem Tod verkauft er mehr als zehn Millionen Bücher. Trotzdem sieht sich William Somerset Maugham nicht als brillanter Autor sondern lediglich „in der vordersten Reihe zweitklassiger Schriftsteller“ – eine Selbsteinschätzung, die vielleicht auch seiner skeptischen Grundhaltung zuzuschreiben ist. Von manchen Literaturkritikern werden seine Werke als zu zynisch und distanziert wahrgenommen, auch hält man seinen übertriebenen Realismus für einen Stilmangel.
1917 heiratet William Somerset Maugham die geschiedene Frau eines amerikanischen Pharma-Unternehmers – Maud Gwendolen Syrie Barnardo. Mit ihr hat er die gemeinsame Tochter Liza – 1928 wird die Ehe geschieden. Danach zieht er an die Côte d’Azur, wo er eine ehemalige Villa des belgischen Königs Leopold II. kauft und bezieht – mit William Somerset Maughams hervorragender Kunstsammlung ausgestattet, wird das Haus im Laufe der Zeit Anlaufstelle der High Society.
Erst im fortgeschrittenen Alter gesteht William Somerset Maugham ein: „Ich war ein Viertel ’normal‘ und drei Viertel schwul. Aber ich versuchte mich selbst zu überzeugen, dass es umgekehrt war. Das war mein größter Fehler. Ich bin nie ein glücklicher Homosexueller gewesen“. Als langjährige Lebenspartner von William Somerset Maugham gelten der Amerikaner Gerald Haxton, den der Schriftsteller während des Ersten Weltkrieges in Frankreich kennenlernt und der 1944 ums Leben kommt – und bis zu seinem Tod sein Sekretär Alan Searle.
Zu den letzten Romanen von William Somerset Maugham zählen „Damals und heute“ (1946) und „Catalina“ (1948). 1959 hört der berühmte Romancier ganz mit dem Schreiben auf, danach bereist er die Welt und empfängt Freunde, Verwandte oder berühmte Zeitgenossen in seinem französischen Wohnsitz.
William Somerset Maugham stirbt am 16. Dezember 1965 an den Folgen einer nicht ausgeheilten Tuberkulose in seinem Haus in St.-Jean-Cap-Ferrat an der französischen Riviera – er wird nach seinem Tod eingeäschert und im englischen King’s School/Canterbury beigesetzt.