Für die einen ist sie Mutter der Nation, für die anderen Mutter der Worthülsen, Angela Merkel legt eine der ungewöhnlichsten Politikerkarrieren der deutschen Nachkriegszeit hin – für ihre Unaufgeregtheit und ihre Zurückhaltung wird sie nicht nur von ihren Landsleuten geschätzt. Als deutsche Bundeskanzlerin meistert sie diverse Krisen, sie vertritt ihr Land mit Sachlichkeit und Fachkenntnis und gilt heute als mächtigste Frau der Welt
Angela Dorothea Merkel wird als Angela Dorothea Kasner am 17. Juli 1954 in Hamburg als älteste Tochter des Pfarrers Horst Kasner und der Lehrerin Herlind Kasner geboren. Weil ihr Vater 1954 in Quitzow in der Uckermark eine Pfarrstelle annimmt, zieht die Familie kurz nach ihrer Geburt in die DDR, wo sie mit ihren jüngeren Geschwistern Marcus und Irene aufwächst. Da ihrer Mutter wegen der Kirchenarbeit ihres Vaters eine Tätigkeit im DDR-Schuldienst verwehrt wird, besucht sie weder Kinderkrippe noch Hort. 1961 wird Angela Merkel an der Polytechnischen Oberschule in Templin eingeschult.
In der Schule fällt Angela Merkel durch herausragende Zensuren auf – obwohl eher unauffällig, ist sie sozial gut integriert. Als Pfarrerstochter nimmt sie nicht – wie sonst in der DDR üblich – an der Jugendweihe teil, sondern wird konfirmiert. Nach ihrem Abitur studiert sie Physik an der Leipziger Karl-Marx-Universität, wo sie ihren ersten Mann Ulrich Merkel kennenlernt, den sie 1977 heiratet. Nach ihrem Physik-Diplom geht sie nach Ost-Berlin, wo sie eine Stelle am Zentralinstitut für physikalische Chemie annimmt.
1981 lässt sich Angela Merkel von ihrem Mann scheiden und 1984 lernt sie ihren jetzigen Ehemann – den Chemiker Joachim Sauer – kennen, den sie 1998 heiratet. 1986 promoviert sie mit einer Dissertation über die „Berechnung von Geschwindigkeitskonstanten von Reaktionen einfacher Kohlenwasserstoffe“ zum Dr. rer. nat.
Während ihrer Zeit in der DDR ist Angela Merkel keiner Partei zugehörig – weder der SED noch einer Blockpartei – auch engagiert sie sich nicht in der zivilen oder der kirchlichen Opposition. Erst am Vorabend der Deutschen Wiedervereinigung beginnt sie, sich beim neu gegründeten „Demokratischen Aufbruch“ politisch zu betätigen – zunächst als Systemadministratorin, später als hauptberufliche Sachbearbeiterin sowie als Pressesprecherin. In der ersten und gleichzeitig letzten frei gewählten Regierung der DDR wird sie stellvertretende Regierungssprecherin. Nach dem schlechten Abschneiden ihrer Partei bei den letzten Wahlen der DDR fusioniert der „Demokratische Aufbruch“ 1990 mit der CDU und Angela Merkel wird noch im selben Jahr Mitglied der Christdemokraten.
Größere Bekanntheit erlangt Angela Merkel, als sie von Helmut Kohl 1991 zur Ministerin für Frauen und Jugend ernannt wird. Als ehemalige DDR-Bürgerin hat sie es zunächst schwer, sich mit den Gepflogenheiten des westdeutschen Politikbetriebes zu arrangieren – jahrelang wird sie mit ihrem Mini-Ministerium und ihrem unbeholfenen Auftreten von Kritikern als „Kohls Mädchen“ belächelt.
1997 wird Angela Merkel zur Ministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ernannt – während ihrer Amtszeit setzt sie sich für die Reduzierung von Treibhausgasen ein. Nachdem die CDU/FDP-Koalition 1998 die Bundestagswahl gegen Rot-Grün verliert, wird Angela Merkel erneut per Direktmandat in den Bundestag gewählt, ein Jahr später wird sie Generalsekretärin ihrer Partei.
Nachdem die deutsche Öffentlichkeit 1999 von der CDU-Spendenaffäre erfährt und der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl als Hauptverantwortlicher ausgemacht wird, fordert Angela Merkel ihre Partei in einem offenen Brief dazu auf, sich vom Ehrenvorsitzenden Helmut Kohl zu lösen. Im folgenden Jahr wird sie einstimmig zur Vorsitzenden der CDU gewählt – mit ihrer DDR-Biografie gilt sie in der Öffentlichkeit und bei der CDU-Basis bezüglich der Parteispenden-Affäre als unbelastet.
Bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 tritt Angela Merkel als Kandidatin gegen den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder an. Die Wahl geht äußerst knapp aus – schließlich wird Angela Merkel Bundeskanzlerin einer Großen Koalition. 2006 wird Angela Merkel auf dem Bundesparteitag der CDU erneut zur Bundesvorsitzenden gewählt, 2009 und 2013 gewinnt sie mit ihrer Partei die Bundestagswahlen – gegenwärtig ist sie in der dritten Legislaturperiode Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland.
Zu Beginn ihrer Amtszeit als Bundeskanzlerin profiliert sich Angela Merkel nur wenig – sie tritt weder außen- noch innenpolitisch in besonderem Maße in Erscheinung. Trotz zahlreicher drängender Probleme und anstehender Reformen vermittelt sie den Eindruck, sich hauptsächlich damit zu beschäftigen, potentielle Konkurrenten aus dem Weg zu räumen um ihre Macht zu sichern. Erst in den letzten Jahren gewinnt Angela Merkel an Profil – als mittlerweile dienstälteste Regierungschefin der Europäischen Union führt sie diese durch mehrere Krisen, was ihr im In- und Ausland nicht nur Freunde einbringt. Während sie von den einen als „Mutter Europas“ bewundert wird, kritisieren sie andere für ihre rigorose und kompromisslose Haltung in der Flüchtlings- und Finanzkrise.
Angela Merkel wird mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht – darunter das „Großkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik“, der saudi-arabische „König-Abdulaziz-Orden“, das „Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ sowie die US-amerikanische „Presidential Medal Of Freedom“. Sie erhält den „Eric-M.-Warburg-Preis“ der „Atlantik-Brücke“, den „Deutschen Medienpreis“ und den „Preis für Verständigung und Toleranz des Jüdischen Museums Berlin“. Hinzu kommen zahlreiche Ehrendoktorwürden.
Angela Merkel hat keine Kinder und lebt mit ihrem Mann Joachim Sauer in der Uckermark in Mecklenburg-Vorpommern und im Berliner Stadtteil Mitte.