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Gerhard Schröder

Er bietet US-Präsident George W. Bush die Stirn, schickt deutsche Soldaten auf Friedensmissionen ins Ausland, setzt Sozialreformen durch und präsentiert sich in der Öffentlichkeit wie keiner vor ihm – als Gerhard Schröder gegen Ende der neunziger Jahre Bundeskanzler wird, feiert ihn die Mehrheit der Deutschen nach der langen Kohl-Ära wie einen Erlöser. Der charismatische und humorvolle Niedersachse leitet als siebter Regierungschef der Bundesrepublik Deutschland sechs Jahre lang die Geschicke des Landes

Gerhard Fritz Kurt Schröder kommt am 7. April 1944 als zweites Kind von Erika und Fritz Schröder im nordrhein-westfälischen Mossenberg – das damals zum Freistaat Lippe gehört – zur Welt. Sein Vater – ein Hilfsarbeiter – fällt im Zweiten Weltkrieg als Soldat in Rumänien, auf Fürsorge angewiesen zieht die Mutter die Kinder alleine groß. Gerhard Schröder wächst mit einer Schwester und drei Halbgeschwistern in einfachen Verhältnissen auf.

Von 1951 bis 1958 besucht Gerhard Schröder die Volksschule in Bad Salzuflen und in Talle, früh begeistert er sich fürs Fußballspielen – seine sportlichen Leistungen bescheren ihm den Spitznamen „Acker“. Nach dem Abschluss der Volksschule absolviert er eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann – von 1962 bis 1964 holt er auf einer Abendschule die Mittlere Reife nach, 1966 erlangt er über den Zweiten Bildungsweg das Abitur. Als einziger Sohn eines im Zweiten Weltkrieg gefallenen Vaters ist er vom Wehrdienst befreit.

Gerhard Schröder studiert in Göttingen Jura und schließt 1974 sein Studium mit dem ersten Staatsexamen ab, 1976 folgt das zweite Staatsexamen. Ab 1976 arbeitet er bis zu seiner Wahl zum niedersächsischen Ministerpräsidenten 1990 in mehreren Kanzleien in Hannover als Rechtsanwalt.

Gerhard Schröder ist seit 1963 Mitglied der SPD – 1971 übernimmt er für den Bezirk Hannover die Stelle des Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Jungsozialisten in der SPD („Jusos“), von 1978 bis 1980 ist er deren Bundesvorsitzender. Nach dem Rückzug von Oskar Lafontaine ist Gerhard Schröder von 1999 bis 2004 Vorsitzender der SPD.

1980 zieht Gerhard Schröder in den Bundestag ein, dem er sechs Jahre angehört. Danach ist er SPD-Fraktionsvorsitzender und Oppositionsführer im niedersächsischen Landtag. 1990 wird er bei den niedersächsischen Landtagswahlen von einer rot-grünen Parlamentsmehrheit zum Ministerpräsidenten von Niedersachsen gewählt – nach zweimaliger Wiederwahl hat er dieses Amt bis 1998 inne.

1998 wird Gerhard Schröder für die anstehenden Bundestagswahlen zum Kanzlerkandidaten ernannt – nachdem zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine Bundesregierung komplett abgewählt wird, wird er 1998 als Chef einer rot-grünen Regierung zum siebten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland ernannt. Nach Willy Brandt und Helmut Schmidt ist er der dritte sozialdemokratische Bundeskanzler des Landes.

Charakteristisch für das „Projekt Rot-Grün“ unter Gerhard Schröder ist der Wandel in der politischen Kultur Deutschlands nach den Jahren der langen Kohl-Ära. Nach einigen Startschwierigkeiten – unter anderem legt der zum Finanzminister ernannte Oscar Lafontaine nach Meinungsverschiedenheiten bereits nach wenigen Monaten seine Ämter nieder – setzt die Koalition ihr Wahlprogramm „Innovation und Gerechtigkeit“ in die Tat um. Dazu gehören die Modernisierung des Staatsbürgerschaftsrechts, eine Green-Card-Initiative, eine Steuer- und Rentenreform, der geplante Atomausstieg, die umstrittene Ökosteuer sowie verschiedene Initiativen im Bildungsbereich – das Ziel der Haushaltskonsolidierung erreicht Gerhard Schröders Bundesregierung dagegen nicht.

Gerhard Schröders Anhänger loben seinen Regierungsstil als zupackend, pragmatisch und sachorientiert – Gegner kritisieren ihn als populistisch, effektheischend und visionslos. Während sein Vorgänger Helmut Kohl Journalisten mit Misstrauen begegnet und die Kameras meidet, ist Gerhard Schröder stets bedacht auf sein öffentliches Erscheinungsbild, was ihm schnell den Ruf des „Medienkanzlers“ einbringt. Schon zu Beginn seiner Amtszeit lässt er verlauten, dass er zum Regieren nur „BILD, BamS und Glotze“ brauche. Auftritte in Fernseh-Soaps und TV-Unterhaltungsshows sowie die für sozialdemokratische Politiker bis dahin eher unübliche Zurschaustellung von Luxus – er lässt sich Zigarre rauchend in edlen Anzügen ablichten – bringen Gerhard Schröder auch in den eigenen Reihen Kritik ein. Durch sein gutes Verhältniss zur Wirtschaft wird er auch „Genosse der Bosse“ genannt.

Bei der Bundestagswahl 2002 wird die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder von den Wählern bestätigt – was hauptsächlich am medienwirksamen Krisenmanagement des Kanzlers bei der verheerenden Flutkatastrophe 2002 und an der Ablehnung Deutschlands am von den USA geplanten Irak-Krieg liegt. Nach seiner Wiederwahl stößt Gerhard Schröder mehrere unpopuläre Reformen an – darunter eine Gesundheitsreform und die besonders von den Gewerkschaften und vom linken Flügel der SPD heftig umstrittene und als „Agenda 2010“ bekanntgewordene Reform des Arbeitsmarktes. Deren Kernstück ist das berühmt-berüchtigte „Hartz“-Konzept, das massiven Sozialabbau beinhaltet und Gerhard Schröder in den letzten Jahren seiner Amtszeit kontinuierlich Popularitätsverluste beschert.

Um sich verstärkt der Regierungsarbeit widmen zu können, gibt Gerhard Schröder 2004 den Parteivorsitz der SPD an Franz Müntefering ab – dieser Schritt wird ihm auch in der eigenen Partei als Schwäche ausgelegt. Nachdem die SPD bei der Landtagswahl 2005 in ihrem Stammland Nordrhein-Westfalen nach knapp vierzig Jahren die Regierungsführung verliert, sieht Gerhard Schröder die Grundlage seiner Politik in Frage gestellt und stellt im Bundestag die Vertrauensfrage. Bei den vorgezogenen Bundestagswahlen 2005 unterliegt das „rot-grüne Bündnis“ nur knapp der CDU unter der Herausforderin Angela Merkel – für Aufsehen sorgt Gerhard Schröder am Wahlabend in der sogenannten „Elefantenrunde“, in welcher er strotzend vor Selbstbewusstsein seiner Nachfolgerin die Fähigkeit abspricht, das Land zu regieren.

Nachdem Angela Merkel Ende 2005 zur Bundeskanzlerin gewählt wird, legt Gerhard Schröder sein Bundestagsmandat nieder – seitdem arbeitet er wieder als Rechtsanwalt und ist nebenher für den russischen Energiekonzern Gazprom sowie als Berater von Banken und Verlagen tätig.

Gerhard Schröder wird 2000 mit dem „Deutschen Medienpreis“ ausgezeichnet, er ist Inhaber diverser Ehrendoktortitel, Ehrenmitglied des „Deutschen Fußball-Bundes“ sowie Ehrenbürger der Stadt Hannover. 2007 wird ihm der „Große Verdienstorden der Königin Jelena mit Stern und Schulterband“ für außerordentliche Verdienste bei der Anerkennung Kroatiens verliehen.

Gerhard Schröder ist viermal verheiratet – von 1968 bis 1972 mit Eva Schubach, von 1972 bis 1984 mit Anne Taschenmacher und von 1984 bis 1997 mit Hiltrud „Hillu“ Schwetje. Seit 1997 ist er mit der Journalistin und Politikerin Doris Schröder-Köpf verheiratet – gemeinsam haben sie eine Tochter sowie zwei weitere Adoptivkinder. Die Familie lebt in Hannover im Stadtteil Waldhausen.