Sie gehört zu den renommiertesten und bedeutendsten deutschsprachigen Schauspielerinnen des vorigen Jahrhunderts und steht in ihrer langen Karriere mit so legendären Kollegen wie Werner Krauss und Paula Wessely auf der Theaterbühne – Annemarie Düringer brilliert sowohl in klassischen als auch in modernen Stücken sowie in rund vierzig Kino- und TV-Filmen, in denen sie in tragenden Nebenrollen meist als resolute und prinzipientreue Ehefrau und Mutter zu sehen ist
Annemarie Düringer wird am 26. November 1925 in Arlesheim bei Basel geboren und wächst in einer Industriellen-Familie in Muri bei Bern auf. Nach dem Abschluss der Ausbildung an einer Berner Handelsschule fängt sie 1946 in Paris an der Cours Simon eine Schauspielausbildung an, die sie ab 1947 zwei Jahre lang am Wiener Max-Reinhardt-Seminar fortsetzt. 1949 wird sie festes Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters, welches ihre künstlerische Heimat bleibt. Große Gastspiele gibt sie unter anderem am Berliner Schiller-Theater, an den Münchner Kammerspielen sowie am Bayerischen Staatsschauspiel – auch bei den Salzburger Festspielen begeistert sie das Publikum.
Das Repertoire von Annemarie Düringer ist breit gefächert – sie spielt sowohl in klassischen als auch in modernen Inszenierungen und interpretiert eindrucksvoll und mit großer Wandlungsfähigkeit alle großen Frauenfiguren in Rollen in Stücken von Aischylos, Shakespeare, Grillparzer, Ibsen, Gorki, Hauptmann, Miller, Strindberg, Pinter, Wedekind und Tschechow.
Annemarie Düringer – der 1963 der Titel Kammerschauspielerin verliehen wird – spielt Ende 2000 am Wiener Akademietheater unter der Regie Peter Zadeks die abergläubische Haushälterin Frau Helseth in Ibsens „Rosmersholm“ an der Seite von Angela Winkler. Eine ihrer bekanntesten Rollen ist die Frau Zittel in Thomas Bernhards „Heldenplatz“ unter der Regie von Claus Peymann.
1953 steht die Annemarie Düringer zum ersten Mal vor der Kamera – Regisseur Ernst Marischka holt sie zum Film „Feldherrenhügel“. Weitere Filmrollen spielt sie in „Du bist die Welt für mich“ (1953), „Gefangene der Liebe“ (1954), „Die Stadt voller Geheimnisse“ (1954), „Ewiger Walzer“ (1954), „Ein Mann vergisst die Liebe“ (1955), „Der 20. Juli“ (1955) und „Oberwachtmeister Borck“ (1955). In „Vor Sonnenuntergang“ (1956) kann man sie an der Seite von Hans Albers und im Thriller „Nachts, wenn der Teufel“ neben Mario Adorf sehen – für ihre Leistung wird sie bei den „Internationalen Filmfestspielen“ in Berlin mit dem Bundesfilmpreis geehrt.
Auch internationale Filmerfolge kann Annemarie Düringer vorweisen – im Spionagedrama „Count Five And Die“ („Der Ring des Gejagten“, 1958) sowie in „SOS Gletscherpilot“ (1959) spielt sie mit. 1978 wirkt sie im Kurzfilm „Bourbon Street Blues“ und als Gangsterliebchen Cilly in der Fernsehfassung von „Berlin Alexanderplatz“ (1980) von Rainer Werner Fassbinder mit. Der Regisseur besetzt sie auch in seinem hochgelobten Werk „Die Sehnsucht der Veronika Voss“ (1982) neben Hilmar Thate und Rosel Zech in der Rolle der skrupellosen Dr. Marianne Katz.
2006 spielt Annemarie Düringer an der Seite von John Malkovich die Rolle der Mutter von Gustav Klimt in der Filmbiografie „Klimt“und im selben Jahr die Frieda Eggenschwyler in der überaus erfolgreichen Schweizer Produktion „Die Herbstzeitlosen“ – dort hilft sie, das Leben von vier Seniorinnen im verschlafenen Emmental mit einer Lingerie-Boutique wieder flott zu machen.
Annemarie Düringer ist auch häufig in beliebten deutschen TV-Reihen wie „Tatort“, „SOKO Kitzbühel“, „Das Gläserne Wappen“ (1983) oder „Die Gunst der Sterne“ (1988) zu sehen. Im Mehrteiler „Der Große Bellheim“ (1993) spielt sie die Filmmutter von Manfred Zapatka und 1998 ist sie die Erzherzogin Sophie im Filmportrait über Kaiserin Elisabeth von Österreich unter dem Titel „Wie eine schwarze Möwe“.
Einen ihrer letzten Auftritte hat Annemarie Düringer in der Krimikomödie „Detektiv wider Willen“ (2009) und in „Lovely Louise“ (2013).
Bereits 1977 wird Annemarie Düringer mit der renommierten „Kainz-Medaille“ ausgezeichnet und seit November 2000 ist sie Trägerin des „Alma-Seidler Ringes“ – dem weiblichen Pendant zum berühmten „Iffland-Ring“. Gestiftet wird der „Alma-Seidler-Ring“ 1978 von der österreichischen Bundesregierung nach dem Tod der Burgschauspielerin Alma Seidler. 2005 folgt das „Goldene Ehrenzeichen“ für „Verdienste um das Land Wien“. „Annemarie Düringer habe die Geschichte des Burgtheaters von 1949 an miterlebt und mit geprägt“ betont Wiens Kulturstadtrat bei der Verleihung und sagt „Keine bedeutende Frauenrolle, die Annemarie Düringer nicht gespielt hätte, kein wichtiger Regisseur, mit dem sie nicht zusammengearbeitet hätte“. Laudator Achim Benning würdigt die Leistungen der Schauspielerin mit den Worten „Niemand stellt das Existenzproblem der Einsamkeit in ihren Figuren so dar wie Annemarie Düringer. Wendepunkt ihres Schauspielerlebens sei die Zusammenarbeit mit Regisseur Kortner gewesen, in dieser Zeit habe sie sich vom netten Schweizer Mädel zur ernsthaften Schauspielerin entwickelt“.
2003 erscheinen Annemarie Düringers Memoiren unter dem Titel „Blitzlichter“.
Annemarie Düringer stirbt mit neunundachtzig Jahren am 26. November 2014 in ihrem Haus in Baden bei Wien.