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Georg Kreisler

Mit bösen Liedern wie „Gemma Tauberln vergiften im Park“ und „Wie schön wäre Wien ohne Wiener“ sorgt Georg Kreisler in der goldenen Zeit des Wiener Nachkriegskabaretts mit scharfer Beobachtung und bissigem Witz für Furore – mit seinen hintergründig-makabren Liedern voll ätzender Zeitkritik provoziert der Meister das schwarzen Humors Boykottaufrufe und wird besonders in seiner Heimat häufig zensiert und angefeindet

Georg Kreisler wird am 18. Juli 1922 als Sohn des jüdischen Rechtsanwaltes Siegfried Kreisler und dessen Frau Hilda in Wien geboren. Er besucht das Gymnasium Kandlgasse in Wien-Neubau und lernt Klavier, Geige und Musiktheorie. Um den drohenden Repressalien nach den Rassengesetzen des Nationalsozialismus zu entgehen emigrieren seine Eltern 1938 mit ihm nach dem „Anschluss“ Österreichs in die USA. Dort arbeitet Georg Kreisler als Arrangeur, Pianist und Dirigent beim Film und bei Musicals – unter anderem auch für Charlie Chaplin. In Hollywood unterstützt ihn sein Vetter – der Drehbuchautor Walter Reisch – finanziell und vermittelt ihm Kontakte zum Filmgeschäft. Georg Kreisler begegnet einer Vielzahl deutsch-jüdischer Exilanten, mit neunzehn Jahren heiratet er die Tochter des Kabarettisten und Komponisten Friedrich Hollaender – Philine – trennt sich jedoch bald wieder von ihr. Der Komponist Arnold Schoenberg versucht ihn an der „University of California“ unterzubringen, wo er jedoch abgelehnt wird.

1943 wird Georg Kreisler US-amerikanischer Staatsbürger und danach im Zweiten Weltkrieg zur US-Armee eingezogen. Nach der Grundausbildung wird er nach England verlegt, wo er mit Unterhaltungsveranstaltungen für Soldaten die D-Day-Truppen unterhält. Als amerikanischer Soldat und als solcher auch als Dolmetscher in Deutschland tätig, verhört er Julius Streicher und begegnet unter anderem Hermann Göring und Ernst Kaltenbrunner.

Da Georg Kreislers Erfolg in Hollywood insgesamt nur mäßig ist, zieht er nach New York um, wo er als Unterhalter in Nachtclubs auftritt und als Interpret eigener in englischer Sprache verfasster Lieder auf Tournee durch die USA geht. Seine morbiden Lieder gelten damals jedoch als „unamerikanisch“ – für Titel wie „Please Shoot Your Husband“ ist die Zeit noch nicht reif. Der mangelnde Erfolg einer vielfach geäußerten Kulturkritik zieht sich von da an durch Georg Kreislers gesamte künstlerische Laufbahn.

1955 kehrt Georg Kreisler nach Wien zurück und tritt dort in der legendären „Marietta-Bar“ in der Wiener Innenstadt unter anderem mit Hans Weigel, Gerhard Bronner, Peter Wehle und Helmut Qualtinger erstmals mit deutschsprachigen Chansons auf. Seine „Nichtarische Arien“, „Seltsame Gesänge“ oder „Lieder zum Fürchten“ werden stürmisch gefeiert, allerdings muss der Sänger auch die Erfahrung machen, dass das Publikum von Vorstellungen wie „Taubenvergiften im Park“ keineswegs nur begeistert ist.

Von 1958 bis 1962 ist der Lebensmittelpunkt von Georg Kreisler München, wo er mit seiner damaligen Ehefrau Topsy Küppers Chanson-Abende gibt. Danach kehrt er nach Wien zurück. Als seine Texte Ende der sechziger Jahre zunehmend politisch werden, verliert seine Kabarett-Serie „Die heiße Viertelstunde“ den festen Sendeplatz im Fernsehen und auch im Radio wird er nur noch selten gespielt.

1976 geht Georg Kreisler nach Berlin, wo er mit seiner zweiten Ehefrau Barbara Peters bis 1991 im Theater „Die Wühlmäuse“ auf der Bühne steht – vom heiteren Sarkasmus und schwarzen Humor hat er sich längst zum scharfen Gesellschaftskritiker entwickelt. 1992 zieht Georg Kreisler mit seiner Frau nach Basel um, wo er sich unter anderem für eine eigenständige Schweiz und gegen deren EU-Beitritt engagiert.

Zu seiner Geburtsstadt Wien hat Georg Kreisler lebenslang ein zwiespältiges Verhältnis – „Wien ist ein ganz eigener Boden, da fühlt man sich wohl oder auch nicht – ich tu es nicht. Diese Stadt hat nie einen Finger für mich gerührt, ich bin mehr weggebissen worden als zugelassen. Aber Heimat bleibt eben Heimat, auch wenn man mit ihr geschlagen ist“ sagt er einmal. Per offenem Brief verbietet er sich vor seinem fünfundsiebzigstem Geburtstag Gratulationen von Seiten des Staates Österreich.

Georg Kreisler macht sich auch als Buchautor einen Namen, zu seinen bekanntesten Publikationen zählen „Ist Wien überflüssig?“ (1987), „Die alten, bösen Lieder – Ein Erinnerungsbuch“ (1989) oder „Ein Prophet ohne Zukunft“ (1990). Seinen ab 1998 mehrfach angekündigten Abschied von der Bühne nimmt Georg Kreisler immer wieder zurück und geht stattdessen noch einmal mit seinen „alten bösen Liedern“ auf Tournee. Zu seinem achtzigstem Geburtstag veröffentlicht der Sänger die CD „Lieder gegen fast alles“ und 2005 erscheint seine Biografie „Gibt es gar nicht“.

Georg Kreisler erhält zahlreiche Preise und Ehrungen – darunter den Kabarett-, Kleinkunst- und Satirepreis „Prix Pantheon 2003“ – 2004 folgt der „Richard-Schönfeld-Preis“ für literarische Satire. 1988 wird ihm die „Ehrenmedaille der Stadt Wien“ in Gold und 2010 der „Hölderlin-Preis“ verliehen. 2007 übergibt Georg Kreisler der „Berliner Akademie der Künste“ sein aus aus Manuskripten, Notenschriften, Liedern, Fotos, Korrespondenzen und Presseheften bestehendes Archiv.

Georg Kreisler ist dreimal verheiratet und hat zwei Söhne und eine Tochter. Er ist weitläufig verwandt mit dem Violinvirtuosen und Komponisten Fritz Kreisler.

Georg Kreisler stirbt am 22. November 2011 im Alter von neunundachtzig Jahren in Salzburg an den Folgen einer Infektion.