Sie ist die unbestrittene „Grande Dame“ des Chansons, gilt als Ikone der französischen Existentialisten und verkörpert mit ihrem Aussehen und ihrem Lebensstil die rebellische Jugend im Paris der Nachkriegszeit. Die strenge gedeckte Kleidung und ihre schwermütigen Lieder sind über Jahrzehnte das Markenzeichen von Juliette Gréco geblieben
Juliette Gréco kommt am 7. Februar 1927 im französischen Montpellier zur Welt. Ihren Vater, einen korsischen Polizeikommissar, lernt sie kaum kennen, von ihrer Mutter wird sie nicht geliebt. „Meine Mutter war niemals eine richtige Mutter zu mir. Sie war ihr ganzes Leben lang Soldat. An ihrer Brust hingen unzählige Auszeichnungen und Medaillen der französischen Widerstandskämpfer – sie war eine Frau, die man achten musste, aber nicht lieben konnte. Ich habe niemals eine richtige Familie gehabt“ so die Sängerin. Juliette Gréco wächst mit ihrer älteren Schwester Charlotte zunächst in Bordeaux bei ihren Großeltern auf und geht in einem strengen Klosterkonvent in die Schule. Bald darauf kommt das schüchterne Kind mit ihrer Mutter nach Paris, wo das Mädchen mit der glitzernden Welt der französischen Hauptstadt konfrontiert wird. Sie besucht dort unter anderem eine Ballettschule und erhält Gesangsunterricht.
Auf einem schulinternen Talentwettbewerb hat Juliette Gréco 1937 im Alter von zehn Jahren ihren ersten öffentlichen Auftritt. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ist die Familie gezwungen, Paris zu verlassen und zieht in die Dordogne, wo sich ihre Mutter bald aktiv für den französischen Widerstand engagiert – 1943 wird sie von der Gestapo verhaftet. Juliette Gréco flieht mit ihrer Schwester nach Paris, wo beide ebenfalls arretiert werden. Kurz darauf werden Mutter und Schwester ins KZ Ravensbrück deportiert, beide kommen erst nach Kriegsende aus dem Gefangenenlager zurück. Die sechzehnjährige Juliette Gréco darf in Frankreich bleiben.
Zunächst kümmert sich die ehemalige Lehrerin und Schauspielerin Hélène Duc um das elternlose Mädchen und nimmt es nach dessen Haftentlassung bei sich zuhause auf. Juliette Gréco nimmt Schauspielunterricht und erhält bald kleinere Rollen bei der Comédie française. Sie ist gerade zwanzig Jahre alt, als ihr Foto 1947 auf den Titelseiten von Zeitungen und Magazinen erscheint – für die Presse verkörpert sie mit ihrem Aussehen und ihrem Lebensstil die rebellische Jugend der Pariser Nachkriegszeit. Die junge Frau zieht durch die Literatencafés und Jazzclubs von St. Germain-des-Prés, wo sich ihre Wege mit denen von Jean-Paul Sartre, Simone Beauvoir, Albert Camus und Miles Davis kreuzen und zählt schon bald zur Bohème der Hauptstadt. In jener Zeit kommt sie auch mit kommunistischem Gedankengut in Berührung.
1946 eröffnet Juliette Gréco die Kellerdiskothek „Le Tabou“, die zu einem legendären Treffpunkt der Existenzialisten wird – zu ihren Stammgästen zählen Orson Welles, Jean Cocteau, Marlene Dietrich und Jean-Paul Sartre, der sie entdeckt und fördert. Er gesteht ihr eines Nachts, er sei davon überzeugt, daß sie bald eine große Chanson-Sängerinnen sein werde. Schon wenig später singt sie Sartre-Chansons im Existentialisten-Keller „La rose rouge“. Aber auch Schriftsteller wie Francoise Sagan, Jacques Prévert, Francois Mauriac oder Albert Camus schreiben für Juliette Gréco Texte.
1951 nimmt Juliette Gréco ihre erste Single „Je suis comme je suis“ auf und das Lied wird zu einem absoluter Klassiker. Weitere Chansons wie „Sous le ciel de Paris“, „Ne me quitte pas“ oder „Paris Canaille“ folgen. Es beginnt eine beispiellose, bis heute währende Bühnenkarriere, in der Juliette Gréco zur weltweiten Botschafterin des intellektuellen französischen Chansons wird. Besonders geliebt wird sie später in den USA, Japan und Deutschland. Die Gréco verfügt zwar nicht über eine „große“ Stimme wie ihre legendäre Kollegin Edith Piaf, entwickelt dafür aber einen ganz eigenen Vortragsstil. Sie singt Lieder von Bert Brecht und Kurt Weill, Stücke von Charles Aznavour, Georges Brassens und Jacques Brel und fördert neue Talente wie Serge Gainsbourg und Léo Ferré.
Juliette Gréco gibt zahlreiche Konzerte, die sie auch nach Brasilien und in die USA führen, wo sie 1952 einen triumphalen Erfolg in der Show „April in Paris“ feiert. Nach ihrer Rückkehr aus den USA macht sie eine ausgedehnte Tournee durch Frankreich, tritt 1954 im legendären Pariser Olympia auf und erntet dort Begeisterungsstürme. Sie steht stets im schwarzen, hochgeschlossenen Kleid oder schwarzem Jackett auf der Bühne und wird deshalb von vielen als „Schwarze Rose von St. Germain“ bezeichnet.
Ab den fünfziger Jahren verläuft die Karriere von Juliette Gréco zweigleisig – neben ihrer Arbeit als Chansonsängerin wirkt sie bei diversen Filmproduktionen mit, arbeitet mit berühmten Regisseuren wie John Huston und Orson Welles und entwickelt sich zu einer bemerkenswerten Schauspielerin. So spielt sie unter anderem 1957 in „The Sun Also Rises“ und 1958 in „The Naked Earth“ sowie in Otto Premingers „Bonjour Tristesse“ mit.
Die erste Ehe von Juliette Gréco mit dem Schauspieler Philippe Lemaire – aus der Tochter Laurence Marie hervorgeht – scheitert 1956. Trotz brillanter Karriere und internationaler Anerkennung fällt die Sängerin privat in eine tiefe Depression, die 1965 in einem Selbstmordversuch gipfelt. Doch schon bald erholt sich die Künstlerin und heiratet ihren Schauspielerkollegen Michel Piccoli, mit dem sie bis 1977 verheiratet ist.
Nach mehrjähriger Bühnenabstinenz feiert die Sängerin 1991 in Paris ein umjubeltes Comeback. In den neunziger Jahren wird ihre triumphale Rückkehr vor allem von ihrem Ehemann, dem Pianisten Gérard Jouannest, gefördert. Seit 2004 nimmt Juliette Gréco wieder vermehrt Auftritte im In- und Ausland war. In Deutschland tritt sie zuletzt 2007 im Berliner „Admiralspalast“ und im Münchner „Prinzregententheater“ auf. Ihr letztes Album „Le Temps d’une Chanson“ kommt 2006 auf den Markt.
Juliette Gréco lebt heute zurückgezogen auf einem Bauernhof in der Nähe von Paris.