Seit den fünfziger Jahren ist er einer der populärsten Interpreten der frankophonen Welt, mittlerweile gilt er als Ikone des französischen Chansons – Jacques Brel erzählt in seinen Liedern von Liebe, Tod, Treue und Freundschaft, er veröffentlicht rund hundertdreißig Lieder, die er auf seinen zahlreichen Konzerten rund um die Welt mit viel Pathos und Sensibilität vorträgt
Jacques Romain Georges Brel wird am 8. April 1929 in Schärbeck bei Brüssel geboren, wo er behütet in der französisch inspirierten Atmosphäre des belgischen Bürgertums aufwächst. Seine Eltern sind flämischer Herkunft, sein Vater ist Miteigentümer einer Kartonagenfabrik. Bereits als Jugendlicher interessiert er sich für Schauspiel und Musik und schließt sich der katholischen Jugendorganisation „Franche Cordée“ an, die in diversen sozialen Einrichtungen auftritt. Er schreibt Gedichte, Prosastücke und christlich beeinflusste Lieder, mit denen er bald in Belgien einen größeren Bekanntheitsgrad erlangt.
Ein französischer Talentsucher wird auf Jacques Brel aufmerksam – mit vierundzwanzig Jahren geht er nach Paris, um sich dort als Sänger zu versuchen. Er tritt in verschiedenen Cabarets, Bistros und Avantgarde-Lokalen auf und 1954 auch erstmals im Vorprogramm des Pariser Olympia. Beim Chanson-Festival im belgischen Knokke belegt er einen enttäuschenden vorletzten Platz, 1955 spielt er in der Brüsseler Ancienne Belgique eine Woche lang im Vorprogramm des beliebten belgischen Sängers Bobbejaan. Danach geht er auf eine Tournee durch die französische Provinz und nach Nordafrika. 1957 tritt er an der Seite von Maurice Chevalier, Michel Legrand und Zizi Jeanmaire im Pariser Alhambra auf.
Jacques Brels Anfangsjahre in der französischen Hauptstadt sind nicht sehr erfolgreich, mit Hilfe seiner Familie kann er sich aber durchschlagen. Bis in die sechziger Jahre hinein lebt er ein Doppelleben – in Paris lebt er mit verschiedenen Geliebten zusammen und zwischendurch kehrt zu seiner in Brüssel lebenden Familie zurück, um dort für seine Frau Thérèse Michielsen und seine Kinder Chantal, France und Isabelle den konservativen Familienvater zu spielen.
Besonders in der frankophonen Welt erlangt Jacques Brel ab dem Ende der fünfzige Jahre größere Bekanntheit – die Chanson-Sängerin Juliette Gréco singt sein Lied „Ça va/Le diable“ und sein Titel „Quand on n’a que l’amour“ gewinnt einen rennommierten Schallplattenpreis. Weitere populäre Titel des Sängers sind „Les flamandes“, „Bruxelles“, „Knokke-Le-Zoute Tango“, „Le plat pays“, „Les bourgeois“, „Les Marquises“, „Les remparts de Varsovie“, „Amsterdam“, „Les Toros“, „Marieke“, „Zangra“, „La valse à mille temps“ oder „Ne me quitte pas“. Den großen Durchbruch hat Jacques Brel jedoch als Live-Künstler – die Authentizität, die er bei seinen Live-Auftritten vermittelt, ist sein Erfolgsgeheimnis.
1961 feiert Jacques Brel im Pariser Olympia als kurzfristige Vertretung der erkrankten Marlene Dietrich einen großen Triumph – in kurzer Zeit steigt er zur Kultfigur der Chanson-Szene auf. Seine zahlreichen Konzertreisen führen von französischen und belgischen Städten bis nach Montreal, Tokio und Moskau. 1966 kündigt Jacques Brel – obwohl populärer, erfolgreicher und angesehener denn je – seinen Rückzug von der Bühne an. Auf seiner Abschiedstournee – die ihn unter anderen auch nach London und New York führt – wird er ein letztes Mal stürmisch gefeiert. 1968 erscheint seine letzte Platte „Vesoul, L’éclusier…“, kurz darauf gastiert er in Brüssel im Musical „L’Homme de la Mancha“ („Der Mann von La Mancha“) in der Rolle des Don Quichote – danach nimmt er endgültig Abschied von der Bühne.
Zwischen 1967 und 1973 kann man Jacques Brel auch in einigen Filmen sehen – unter anderem in „Mon oncle Benjamin“ („Mein Onkel Benjamin“, 1968), „L’aventure c’est l’aventure“ („Die Entführer lassen grüßen“, 1972) und „L’emmerdeur“ („Die Filzlaus“, 1973) mit Lino Ventura.
Nachdem 1974 bei Jacques Brel Lungenkrebs diagnostiziert wird, zieht sich der Sänger aus der Öffentlichkeit zurück und begibt sich mit seinem Segelboot auf eine längere Reise – 1975 lässt er sich auf der Marquesas-Insel Hiva Oa in Französisch-Polynesien nieder, wo 1977 seine letzte Patte „Les Marquises“ entsteht.
1978 kehrt Jacques Brel zur medizinischen Behandlung nach Frankreich zurück – am 9. Oktober 1978 erliegt er in einer Klinik in Bobigny bei Paris mit neunundvierzig Jahren dem Krebsleiden. Er wird auf der französisch-polynesischen Insel Hiva Oa beigesetzt, nur wenige Meter entfernt vom Grab Paul Gauguins.
In Brüssel ist eine Métro-Station nach Jacques Brel benannt und an seinem Geburtshaus im belgischen Schärbeck erinnert eine Gedenktafel an ihn.
Bis in die heutige Zeit werden die Chansons von Jacques Brels gecovert – unter anderem von Klaus Hoffmann („Adieu Emile“) und Terry Jacks („Seasons Tn The Sun“). Zu den bekanntesten Interpreten des Sängers gehören Liesbeth List, Gisela May, Marc Almond, David Bowie und Sting. Der wohl bekannteste Titel von Jacques Brel – „Ne me quitte pas“ – wird unter anderem von Patricia Kaas, Dalida, Edith Piaf, Vicky Leandros, Barbra Streisand, Shirley Bassey, Nina Simone und Johnny Hallyday interpretiert.