Mit seinem unverwechselbaren Stil ist er eine der einflussreichsten, innovativsten und bedeutendsten Figuren des Jazz – Miles Davis mischt gekonnt die unterschiedlichsten Stile, verhilft diversen Kollegen zu erfolgreichen Karrieren und füllt jahrzehntelang die Konzertsäle der Welt
Miles Dewey Davis III. wird am 26. Mai 1926 in Alton im US-Bundesstaat Illinois als mittleres von drei Kindern des Zahnarztes Miles Davis II und dessen Frau Cleota in ein wohlhabendes Elternhaus hineingeboren – als er drei Jahre alt ist, zieht seine Familie nach East St. Louis, wo er eine sorgenfreie Kindheit verlebt. Mit neun Jahren bekommt er seine erste Trompete, ab seinem dreizehnten Lebensjahr erhält er Trompetenunterricht und spielt in der Band seiner High-School.
Nach dem Schulabschluss geht er nach New York – dem Zentrum des Bebops Jazz – um dort an der Juilliard School Musik studieren. Seine Eltern – die sich als Schwarze mühevoll empor gearbeitet haben – sind nicht begeistert von seinen Ambitionen, sich zukünftig allein der Musik der schwarzen Unterschicht zu widmen. Daher studiert er zunächst klassische Musik und nutzt nebenher die Möglichkeit, abends die New Yorker Jazzclubs zu besuchen.
Schnell erlangt Miles Davis lokale Bekanntheit, 1945 spielt als Ersatz für Dizzy Gillespie in der Band von Charlie Parker und holt regelmäßig junge Talente – von denen er Innovationen und neue Impulse erwartet – in die Gruppe. Zahlreiche spätere Jazzgrößen verdanken ihm ihren Durchbruch als Musiker. Er setzt sich mit europäischer Musik auseinander und studiert Partituren von Vertretern der Neuen Musik und der Schönberg-Schule wie Igor Strawinski, Alban Berg, Sergei Prokofjew und anderen.
1945 entstehen erste Plattenaufnahmen mit Miles Davis – mit Benny Carters Big Band geht er auf Tournee an die amerikanische Westküste und wenig später nach Paris, wo er sich unglücklich in Juliette Gréco verliebt und sich angesichts der französischen Liberalität bewusst wird, wie schikanös er als Schwarzer in den USA behandelt wird.
1955 kommt Miles Davis beim Newport Jazz Festival für drei Stücke auf die Bühne und spielt zu „Round Midnight“ ein legendäres Solo – im selben Jahr gründet er zusammen mit Philly Joe Jones, Paul Chambers, Red Garland und John Coltrane das „Miles Davis Quintett“, die Band entwickelt den „modalen Jazz“.
Nach erfolgreichen Platten wie „Miles Ahead“ (1957) und „Porgy & Bess“ (1958) spielt Miles Davis in Paris für Louis Malles Filmklassiker „Ascenseur pour l’échafaud“ („Fahrstuhl zum Schafott“) den Soundtrack ein und veröffentlicht danach das Album „Milestones“ und 1959 sein populärstes Album „Kind Of Blue“, das sich im Laufe der Zeit zum meistverkauften Jazz-Album überhaupt entwickelt. Das amerikanische Musikmagazin Rolling Stone führt „Kind Of Blue“ auf Platz Zwölf der Liste der fünfhundert besten Alben aller Zeiten.
In den sechziger Jahren erreicht Miles Davis den Gipfel seines Erfolges – Platten wie „Miles Smiles“ (1966), „Sorcerer“ (1967), „Nefertiti“ (1967), „Miles In The Sky“ (1968) und „Filles De Kilimanjaro“ (1969) gehören zu den wichtigsten des Jazz. Ab dem Ende der sechziger Jahre verblasst sein Ruhm allmählich, mit neuen Richtungen wie Free-Jazz kann er nur wenig anfangen.
In den siebziger Jahren nähert sich Miles Davis der Rockmusik an, was viele eingefleischte Jazz-Fans verärgert – unter anderem tritt er im Vorprogramm der „Steve Miller Band“ und von Carlos Santana auf. 1981 gibt er im New Yorker Central Park sein letztes Live-Konzert und 1991 erscheint mit „Doo-Bop“ das letzte Studioalbum von Miles Davis.
Miles Davis ist für seine Exzentrik bekannt – bei seinen Auftritten reagiert er grundsätzlich nicht aufs Publikum, Applaus ist ihm egal, häufig verlässt er während eines Konzertes die Bühne ohne wiederzukehren, auch spricht er selten mit seinen Musikern. Während er Frank Sinatra verehrt, beschreibt er den Musiker Prince als eine Mischung aus Jimi Hendrix und Charlie Chaplin. Mitmenschen erleben Miles Davis als empfindliche, launische, wechselhafte und auch unangenehme Persönlichkeit.
1961 wird bei Miles Davis Sichelzellenanämie diagnostiziert – er muss jahrelang Schmerzmittel einnehmen, wird depressiv und konsumiert eine Vielzahl von psychoaktiven Substanzen wie Heroin, Alkohol, Barbiturate und Kokain.
Zum Ende seiner Karriere widmet sich Miles Davis verstärkt der Malerei – zahlreiche seiner expressionistischen und surrealen Bilder befinden sich auf seinen Plattencovern.
Im Laufe seines Lebens wird Miles Davis mit diversen Auszeichnungen geehrt – neunmal erhält er einen „Grammy“-Award, davon 1990 für sein Lebenswerk. 1989 wird er in den Malteserorden und 1990 in den St. Louis Walk of Fame aufgenommen, 1991 ernennt man ihn zum Ritter der Ehrenlegion, 2004 wird er in die Jazz Hall Of Fame und 2006 in die Rock’n Roll Hall Of Fame aufgenommen.
Miles Davis ist dreimal verheiratet – mit der Tänzerin Frances Taylor, der Sängerin Betty Mabry und mit Cicely Tyson. Zusammen mit seiner ehemaligen Schulfreundin Irene Birth hat er drei Kinder.
1991 erleidet Miles Davis einen schweren Schlaganfall und fällt danach ins Koma – seine Familie beschließt die künstliche Lebensverlängerung zu beenden. Gerüchte über eine Aids-Erkrankung des Musiker können nie verifiziert werden. Miles Davis stirbt am 28. September 1991 im kalifornischen Santa Monica an den Folgen einer Lungenentzündung – er wird auf dem Woodlawn Cemetery im New Yorker Stadtteil Bronx beigesetzt.
Miles Davis gilt als bekanntester, innovativster und einflussreichster Jazz-Musiker des zwanzigsten Jahrhunderts, der der Nachwelt über hundert Stunden Musikaufnahmen hinterlässt und enormen Einfluss auf die heutige Popmusik hat. Es gelingt ihm, eigene künstlerische Ideen zu verwirklichen und gleichzeitig kommerziell erfolgreich zu sein – in seiner fünfzigjährigen Karriere veröffentlicht er über einhundert Alben.
Seit dem Ende des letzten Jahrhunderts erfährt Miles Davis‘ Musik vermehrt Anerkennung. Anlässlich des fünfzigsten Jahrestags der Aufnahme seines Albums „Kind Of Blue“ verabschiedet das US-Repräsentantenhaus 2009 – als besondere Würdigung des Musikers – eine symbolische Resolution, dass Jazz ein nationales Kulturgut ist.