Als vierter deutscher Bundespräsident repräsentiert er sein Land mit Stil und Humor und macht sich in seiner Amtszeit um die Integration der Deutschen in Europa verdient – Walter Scheel unternimmt zahlreiche Auslandsreisen, amüsiert die Nation mit dem Schlager „Hoch auf dem gelben Wagen“ und wird von seinen Landsleuten für sein optimistisches und offenes Wesen geschätzt
Walter Scheel kommt am 8. Juli 1919 im rheinischen Solingen als Sohn eines Stellmachers zur Welt – nach dem Abitur absolviert er von 1938 bis 1939 eine Banklehre. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wird er zum Kriegsdienst eingezogen und leistet diesen bei der Luftwaffe – bei Kriegsende ist er Oberleutnant. Wie viele andere seiner Generation ist er Mitglied der NSDAP, räumt dies aber erst in den siebziger Jahren ein.
Ab 1945 ist Walter Scheel als Geschäftsführer in der Industrie und in Verbänden sowie als selbständiger Wirtschaftsberater tätig und 1958 ist er Mitgründer des Düsseldorfer Finanzunternehmens InterFinanz. Nebenher betätigt er sich zunächst in Nordrhein-Westfalen politisch – seit 1946 ist er Mitglied der FDP und von 1948 bis 1950 Stadtrat seiner Heimatstadt Solingen, von 1950 bis 1954 ist er Mitglied des Landtages von Nordrhein-Westfalen und 1953 wird er Mitglied des Deutschen Bundestages, dem er bis zu seiner Wahl zum Bundespräsidenten 1974 angehört.
Von 1961 bis 1966 ist Walter Scheel Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, 1968 wird zum Bundesvorsitzenden der FDP gewählt und von 1969 bis 1974 ist er Bundesminister des Auswärtigen sowie Vizekanzler. Nach dem Rücktritt von Bundeskanzler Willy Brandt 1974 führt er die Regierungsgeschäfte, bis Helmut Schmidt zum Bundeskanzler gewählt wird.
1974 wird Walter Scheel zum Bundespräsidenten gewählt, er legt alle Parteiämter nieder und repräsentiert die Bundesrepublik Deutschland bis 1979. In seiner Funktion als deutsches Staatsoberhaupt unternimmt er zahlreiche Auslandsreisen – unter anderem besucht er als erster deutscher Außenminister Israel. Gemeinsam mit Willy Brandt gilt er als „Vater der Entspannungspolitik“, wofür er von den konservativen Parteien angefeindet wird.
Walter Scheels Zeit als Bundespräsident wird von den Historikern heute ambivalent beurteilt – kritisiert wird neben seiner prachtvollen Ausstattung seines Dienstsitzes vor allem die Abwesenheit von zukunftsweisenden und Amt ausfüllenden Entwürfen. Einhellig gelobt wird er jedoch für sein stilvolles Auftreten, sein menschenfreundliches und optimistisches Wesen sowie für seine Volksnähe, welche ihn von seinen Vorgängern unterscheidet.
Nach dem Ende seiner politischen Laufbahn engagiert sich Walter Scheel als Vorsitzender zahlreicher Stiftungen – unter anderem ist er Ehrenvorsitzender der „Friedrich-Naumann-Stiftung“, Ehrenvorsitzender des Kuratoriums von „Plan International“, Ehrenpräsident der „Deutsch-Britischen Gesellschaft“, Ehrenpräsident des „Deutschen Rates der Europäischen Bewegung“ sowie seit 1979 Ehrenvorsitzender der FDP.
Im Laufe seines Lebens wird Walter Scheel mit zahlreichen internationalen Orden und Auszeichnungen geehrt – er ist Ehrenbürger von Bonn, Berlin und Düsseldorf, Ehrendoktor der Universitäten Georgetown, Maryland, Auckland, Bristol und Heidelberg sowie Träger des „Theodor-Heuss-Preises“ und des „Großkreuzes des Verdienstordens der Italienischen Republik“. 1973 wird ihm das „Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“ verliehen.
Legendär ist Walter Scheels musikalischer Auftritt mit dem Volkslied „Hoch auf dem gelben Wagen“, das er zusammen mit zwei Düsseldorfer Männergesangvereinen aufnimmt und das sich 1974 wochenlang auf den vordersten Plätzen der deutschen Hitparaden behauptet.
Walter Scheel ist dreimal verheiratet – bis zu deren Tod vierundzwanzig Jahre lang mit Eva Charlotte Kronenberg, aus der Ehe geht Sohn Ulrich hervor. Danach ist er von 1969 bis zu ihrem Tod 1985 mit Mildred Scheel verheiratet – gemeinsam haben sie die Kinder Andrea-Gwendoline und Simon. Seit 1988 ist Walter Scheel mit Barbara Wiese verheiratet.
In den vergangenen Jahren zieht sich Walter Scheel aus dem öffentlichen Leben weitgehend zurück – allerdings verzichtet er nicht darauf, sich gelegentlich kritisch zur Politik seiner eigenen und anderer Parteien zu äußern.
Seit 2012 lebt Walter Scheel Aufgrund einer Demenzerkrankung in einem Münchner Pflegeheim.