Der blinde Sänger mit der sonoren Stimme und der dunklen Brille gehört jahrelang zu den bedeutendsten Jazz-Interpreten Deutschlands – Wolfgang Sauer verbucht mit Schlagern wie „Cindy Oh Cindy“ und „Glaube mir“ mehrere Hitparaden-Erfolge und macht sich auch als beliebter Hörfunk-Moderator einen Namen
Wolfgang Sauer kommt am 2. Januar 1928 in Elberfeld – das heute Teil Wuppertals ist – zur Welt. Seine Eltern führen ein Elektrofachgeschäft. Bereits im Kleinkindalter erkrankt er am Grünen Star und ist fast vollständig erblindet, als er schulpflichtig wird – seitdem trägt er die dunkle Brille, die später zu seinem Markenzeichen wird.
Ab dem zwölften Lebensjahr besucht Wolfgang Sauer die Deutsche Blindenstudienanstalt in Marburg, wo er Musikunterricht nimmt, Klavier, Chorgesang und Kompositionslehre lernt und 1946 sein Abitur ablegt. Danach studiert er Anglistik und Germanistik an der Universität Köln, 1952 bricht er das Studium aus finanziellen Gründen ab und widmet sich fortan der Musik.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs tritt Wolfgang Sauer mit Freunden in diversen amerikanischen Clubs auf – sein Talent für Jazz-Musik spricht sich herum und 1948 hat er seinen ersten Rundfunk-Auftritt. 1951 geht er mit seiner eigenen „No Name Band“ und 1953 mit Will Glahé auf Tournee – im selben Jahr wird er zum besten deutschen Jazzsänger gewählt. Er musiziert zusammen mit Paul Kuhn und Berry Lipman, tritt auf diversen Jazzfestivals auf und vertritt Deutschland 1966 beim Schlagerfestival im polnischen Zoppot mit dem Titel „Mädchen ohne Namen“.
Wolfgang Sauer gilt als hoch qualifizierter Jazz- und Blues-Interpret – größere Bekanntheit erlangt er jedoch vor allem durch zahlreiche Schlager im Stil der damaligen Zeit wie „Eine Melodie geht um die Welt“, „Du hast ja Tränen in den Augen“, „Ein kleiner Hund“, „Tango für den Kommissar“, „Ach, man braucht ja so wenig um glücklich zu sein“, „Cindy, Oh Cindy“ und „Glaube mir“ – das sich eine halbe Million mal verkauft, in den USA als „Answer Me“ veröffentlicht wird und zu seinem erfolgreichsten Titel avanciert.
Seinen letzten großen Hit hat Wolfgang Sauer 1959 mit „Wenn die Glocken hell erklingen“. Bis in die siebziger Jahre hinein ist der Sänger regelmäßiger Stammgast in den großen TV-Shows des Landes wie „Zum Blauen Bock“ und „Melodien für Millionen“.
Wolfgang Sauer macht sich auch als Hörfunkmoderator einen Namen – seine 1965 erstmalig beim Westdeutschen Rundfunk ausgestrahlte beliebte Radio-Sendung „Wiederhören macht Freude“ wird nach über vierzig Jahren 2006 eingestellt.
Ab den achtziger Jahren wird es ruhiger um Wolfgang Sauer – 1982 geht er mit Kollegen Gerd Böttcher, Rocco Granata und Fred Bertelmann auf Oldie-Tour. Zuletzt ist der Sänger – dem unter anderem das „Bundesverdienstkreuz“ verliehen wird – als Moderator eines Krankenhaus-Patientenfunks tätig.
Mit seiner Behinderung geht Wolfgang Sauer locker um – auf Berichte der bunten Blätter, die ihn mit Schlagzeilen wie „Ein Blinder der gerne fernsieht“ in die Mitleidsecke stellen wollen, reagiert er mit gelassenen Humor.
Wolfgang Sauer ist zweimal verheiratet – von 1954 bis zu deren Tod 1988 mit seiner ersten Ehefrau Gisela, aus der Ehe geht Sohn Ronald hervor. Seine zweite Ehefrau Ingeborg stirbt 2012.
Weitgehend in Vergessenheit geraten stirbt Wolfgang Sauer im Alter von siebenundachtzig Jahren am 26. April 2015.