Sie ist charismatisch, geheimnisvoll und stimmgewaltiger als jede Opernsängerin, dazu sieht sie blendend aus – Yma Sumacs Werdegang entspricht dem Stoff aus dem Legenden entstehen. Weltweit als exotische Kuriosität bestaunt, feiert die „Inka-Prinzessin“ in den vierziger und fünfziger Jahren mit ihrer einzigartigen Stimme riesige Erfolge
Yma Sumac wird als Ima Sumaq oder Zoila Augusta Emperatriz Chavarri del Castillo am 10. September 1922 im peruanischen Ichocan geboren – während man ihre Abstammung angeblich bis zum letzten Inka-Herrscher Atahualpa zurückverfolgen kann, hält sich jahrelang das Gerücht, sie hätte nur ihren Namen umgedreht, heiße in Wirklichkeit Amy Camus und sei nur eine einfache Hausfrau aus Brooklyn.
Um dem Gerede ein Ende zu setzen, bestätigt ihr 1946 der peruanische Generalkonsul in den USA schriftlich ihre adlige Abstammung. Tatsächlich stammt Yma Sumac aus einem Dorf im peruanischen Hochland im Distrikt Cajamarca, wo sie mit zwölf Jahren auf einer traditionellen Feier zu Ehren des Sonnengottes Lieder auf Quechua vorträgt und dabei von einem Regierungsbeamten entdeckt wird.
Mit vierzehn Jahren heiratet Yma Sumac ihren späteren Manager und Musikarrangeur Moisés Vivanco und reist in den folgenden Jahren mit seiner „Compañía Peruana de Arte“ durch Lateinamerika. Sie studiert in Lima, gibt Konzerte in Peru, tritt im Rundfunk auf, nimmt diverse Schallplatten auf, wirkt in einigen Filmen mit und wird von der Presse stürmisch gefeiert.
1946 geht Yma Sumac mit ihrem Mann in die USA, wo der Erfolg jedoch zunächst ausbleibt. Zu ungewöhnlich ist ihr Repertoire – die Produzenten jener Zeit wirken befremdet. Wer singt schon simple Volkslieder, wenn er es sich leisten kann, die „Königin-der-Nacht-Arie“ als simple Auflockerung für die Stimmbänder zu betrachten? Die Sängerin kann mit ihrer Stimme den erstaunlichen Tonumfang von viereinhalb – in jungen Jahren sogar sechs Oktaven – abdecken, sie kann von tiefen Alt-Noten bis hin zu hohen Pfeifstimmen-Noten Lieder perfekt intonieren. Sie hat Auftritte im kleineren Ensemble des „Inca Taky Trios“ mit ihrem Mann an der Gitarre und ihrer Cousine Cholita Rivero als Kontra-Altistin. Viel mehr als Tingelei ist zunächst nicht drin, man lebt daher hauptsächlich vom Thunfischhandel.
1950 wird Yma Sumac von der Plattenfirma Capitol Records verpflichtet. Nachdem der Stern von Carmen Miranda rapide im Sinken ist, geht nun jener der „Jungfrau der Sonne“ auf. Ihr erstes Album „Voice Of The Xtabay“ wird sofort ein Bestseller. Die spezielle Kombination aus extremer Stimme, fremdländischen Aussehen und schriller Bühnenpersönlichkeit wird im folgenden Jahr für das kurzlebige Broadway-Musical „Flahooley“ genutzt, in dem Yma Sumac als fremdländische Prinzessin Aladins Wunderlampe in einer amerikanischen Spielzeugfabrik zur Reparatur einliefert und einige Lieder ihres Mannes zum Besten gibt – das Album der Show gilt heute als Kultstück.
In Amerika – wo man für exotische Sensationen immer eine Schwäche hat – kann man Yma Sumac 1954 im Film „Secret Of The Incas“ („Das Geheimnis der Inkas“) neben Charlton Heston sehen und 1956 spielt sie im Spielfilm „Sturm über Persien“.
Yma Sumacs Erfolg ist nicht zuletzt dadurch zu erklären, dass man in den fünfziger Jahren durch Musik in erster Linie von den Alltagsproblemen abgelenkt werden will. Die große Zeit des „Escapist Entertainment“ bricht an und Nordamerika zeigt sich dabei generell von den „exotischen“ südamerikanischen Ländern und ihrer Musik fasziniert. Allerdings sind Ymas Sumacs Kompositionen lediglich folkloristisch inspiriert. Ohne die bombastischen Bläser-Arrangements einer Big-Band und die oft amüsanten Vokal- und Showeffekte der Sängerin wären ihre Platten niemals zu Verkaufsschlagern avanciert. Die Aufnahmetechniker haben oft ihre liebe Not, wenn die Improvisations-Künstlerin ihre Stimme wieder einmal unabgesprochen „bis in die Stratossphäre“ hinauf jagt. Eine Mambo-Platte, auf der sie einmal mehr den sekundenschnellen Wechsel von lyrischem Koloratur-Gesang zu grollenden Knurr- und Fauchlauten vorführt, wird 1955 der letzte Erfolg des musikalischen Wunderwesens.
Die Plattencover von Yma Sumac mit ihrer dramatischen Mimik wirken aus heutiger Sicht oft operettenhaft bis trashig – die überschwänglichen und kolossalen Bühnenshows bieten der Diva jedoch den richtigen Rahmen für ihre Stimmakrobatik.
1965 kommt es zur Scheidung zwischen Yma Sumac und Moisés Vivanco, dieser setzt sich nach Spanien ab und Yma Sumac bleibt in den USA zurück. Eine unschöne Auseinandersetzung mit den amerikanischen Steuerbehörden kratzt erheblich an Yma Sumacs Popularität – sie geht auf eine Welttournee um ihre Steuerschulden zurückzahlen. Sie spürt, dass sich der Musikgeschmack geändert hat und neue Aufnahmen kommen nur schwer zustande, auch weil die Produzenten die ausgeprägten Eigensinn und folkloristischen Seltsamkeiten der Sängerin nicht vergessen haben.
Erst ab Mitte der siebziger Jahre geht es für die Diva wieder bergauf – in einer ersten Revival-Welle schafft Yma Sumac es noch einmal, eine neue Generation von Zuhörern mit einem einzigen Konzert in Fans zu verwandeln. 1992 dreht das Deutsche Fernsehen die Dokumentation „Hollywoods Inka-Prinzessin“ über Yma Sumac und 2006 wird der Künstlerin in ihrem Heimatland der Orden „El Sol del Perú“ verliehen.
Yma Sumac stirbt am 1. November 2008 im kalifornischen Silver Lake.