Sie stellt triumphierende Witwen, resolute Tanten, einfältige Ulknudeln und gefürchtete Schwiegermütter dar – mit charmanter Berliner Schnauze präsentiert Grethe Weiser ein enormes Repertoire an verschiedenen Rollen. In den Filmen der Wirtschaftswunderzeit verkörpert sie stets die schlagfertige Berlinerin mit dem Herz am rechten Fleck, die sich nicht unterkriegen lässt
Grethe Weiser wird als Mathilde Ella Dorothea Margarethe Nowka am 27. Februar 1903 in Hannover geboren. Sie ist die Tochter des Unternehmers Gottlieb Ernst Ludwig Nowka und seiner Frau Ella und wächst im sächsischen Klotzsche und im benachbarten Dresden auf. Streng und spartanisch erzogen, besucht sie die Neustädter Höhere Töchterschule und die Friedelsche Privatschule in Dresden-Blasewitz.
Schon früh heiratet Grethe Weiser den jüdischen Süßwaren-Großhändler und -Fabrikanten Josef Weiser. Während der Inflationszeit lebt das Ehepaar in Dresden in großem Wohlstand, da Josef Weiser durch Geschäftsbeziehungen ins Ausland einen großen Teil seiner Einkünfte in Devisen erzielt. 1922 kommt der gemeinsame Sohn Rolf-Günther zur Welt. Nachdem ihr Mann das Kabarett „Charlott“ am Kurfürstendamm in Berlin pachtet, absolviert Grethe Weiser dort erste Auftritte als Diseuse – wenig später zerbricht die Ehe und wird 1934 geschieden.
Grethe Weiser nimmt Gesangs- und Schauspielunterricht an der Berliner Volksbühne, wird Operetten-Soubrette und entfaltet als Sängerin und Schauspielerin ihr komisches Talent an verschiedenen Berliner Bühnen – außerdem tritt sie im „Kabarett der Komiker“ auf und macht Berlin zu ihrer Wahlheimat. Bald tingelt sie übers Land, nach Hamburg oder Dresden. Dabei entwickelt sie ihre Stärken – improvisiertes Spiel, Reaktion auf das Publikum, Schlagfertigkeit. Diese Eigenschaften begründen ihren späteren Erfolg auf der Theaterbühne und beim Film.
Grethe Weiser gibt ihr Filmdebüt 1927 im Stummfilm „Männer vor der Ehe“. Danach ist sie sehr gefragt für tragende Nebenrollen wie in „Die göttliche Jette“, mit dem sie Kritiker und Publikum begeistert und der einer der erfolgreichsten aller im Berliner Milieu angesiedelten Filme wird. Grethe Weiser stellt darin eine junge Sängerin dar, die mit gesundem Selbstbewusstsein zum gefeierten Star aufsteigt. Sie spielt oft in Filmen, in denen sie das gesamte Repertoire ihres komisches Talents zeigen kann, wie in „Die große Liebe“ (1941/42), in „Wir machen Musik“ mit Ilse Werner (1942), in „Familie Buchholz“ (1943) und in „Die Frau meiner Träume“ neben Marika Rökk (1944). Gleichzeitig hat Grethe Weiser als Sängerin erfolgreiche Hits wie „Der Vamp“ oder“Emils Hände“.
Im Zweiten Weltkrieg wird Grethe Weiser zum Fronttheaterdienst verpflichtet und wirkt in mehr als dreißig Filmen mit. Sie weigert sich jedoch, in die NSDAP einzutreten und schickt ihren Sohn ins Internat nach England. Nach Kriegsende lebt sie kurze Zeit in Wernigerode im Harz und tingelt mit Tourneetheatern durchs Land. Ab 1947 steht sie am Hamburger Thalia-Theater in der Posse „Das Kuckucksei“ auf der Bühne – dies wird ihre Paraderolle. Auch sieht man sie in der Gaunerkomödie „Der Biberpelz“ von Gerhart Hauptmann und als Frau Nomsen in Friedrich Dürrenmatts „Der Meteor“. Ernste Rollen liegen ihr, aber das Publikum will immer wieder die komische Grethe Weiser sehen.
In etlichen deutschen Unterhaltungsfilmen der Nachkriegszeit besetzt man Grethe Weiser als „Quasselstrippe“ vom Dienst – vorzugsweise in Verwechslungskomödien, Familiendramen und ähnlichen Produktionen der leichten Unterhaltung. Man kann sie in „Ferien vom Ich“ neben Willy Fritsch (1952), „Meine Kinder und ich“ (1955), „Lemkes sel. Witwe“ (1957) und „So angelt man keinen Mann“ (1959) sehen. Insgesamt wirkt sie in über hundert Filmen mit.
Seit 1934 ist Grethe Weiser mit dem UFA-Produktionschef Dr. Hermann Schwerin liiert, den sie 1958 heiratet. In den sechziger Jahren finden ihre Theateraufführungen wie „Keine Leiche ohne Lily“ den Weg ins Deutsche Fernsehen. Auch ihre großer Bühnenerfolg „Das Kuckucksei“ wird im Fernsehen übertragen.
Am 2. Oktober 1970 erliegt Grethe Weiser mit siebenundsechzig Jahren im oberbayrischen Bad Tölz den schweren Verletzungen, die sie sich bei einem Autounfall zuzieht. Sie ruht auf dem Friedhof Heerstraße in Berlin-Charlottenburg.
Grethe Weiser erhält 1968 das „Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland“, in Berlin-Charlottenburg trägt der „Grethe-Weiser-Weg“ ihren Namen. Ihre langjährige Freundin Ida Ehre schreibt in einem Nachruf: „Du warst von einer Nibelungentreue – wen Du in Dein Herz geschlossen hattest, der war darin verankert – in mir wirst Du immer bleiben, meine Grethe“.