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Helmut Berger

Er ist eine Ikone des europäischen Kinos, gilt als exzessiv, narzisstisch, äußerst begabt und viele Jahre lang als schönster Mann der Welt. Die Rolle seines Lebens – die des nervös-paranoiden bayerischen König Ludwig II. im Epos seines Entdeckers und Förderers Luchino Visconti – macht Helmut Berger zu Beginn der siebziger Jahre weltberühmt

Helmut Steinberger wird am 29. Mai 1944 im oberösterreichischen Bad Ischl in eine Hoteliersfamilie hineingeboren. Seine Kindheit und Jugend verbringt er in Salzburg – in Feldkirch besucht er die Franziskaner-Schule. Dem Wunsch Schauspieler zu werden, darf er nicht nachkommen, da seine Eltern für ihn eine Hotelkarriere vorgesehen haben. Nach dem Besuch einer Hotelfachschule geht er 1964 nach London, wo er sich mit Jobs als Dressman und Fotomodell an der Central Drama School eine Schauspielausbildung finanziert – auch wirkt er in Werbespots mit. Erste Bühnenerfahrungen sammelt Helmut Berger an kleinen Theatern. Anschließend geht er nach Italien, wo er an der Universität in Perugia italienisch lernt.

In Rom begegnet Helmut Berger zum ersten Mal dem vierzig Jahre älteren italienischen Regisseur Luchino Visconti und wird dessen Muse und Liebhaber – Luchino Visconti schneidert ihm die Rollen auf den Leib. Helmut Berger spielt seine erste Rolle in dem satirischen Episodenfilm „La Strega Bruciata Viva“ („Hexen von Heute“, 1967). Seinen Durchbruch hat er 1969 als Martin von Essenbeck – dem dekadenten Spross einer Industriellenfamilie – in „La caduta degli dei“ („Die Verdammten“, 1969), dem Abgesang einer Industriellen-Dynastie an der Seite von Ingrid Thulin, Dirk Bogarde und Charlotte Rampling. In der wohl bekanntesten Szene des Films persifliert Helmut Berger Marlene Dietrichs „Lola“ aus „Der blaue Engel“, was ihm umgehend ein aufrichtiges Lob der großen Diva einbringt. Regisseur Billy Wilder urteilt damals: „Außer Helmut Berger gibt es heutzutage keine interessanten Frauen mehr“. Für den Film erhält Helmut Berger einen „Golden-Globe-Award“ als bester Nachwuchsdarsteller – ein früher Ritterschlag für den jungen Österreicher.

Schon ein Jahr später sieht man Helmut Berger in der Titelrolle des ewig jungen Dandys in Massimo Dallamanos Oscar Wilde-Adaption „Das Bildnis des Dorian Gray“. Nach Vittorio De Sicas „Der Garten der Finzi Contini“ (1970), Sergio Gobbis „Un beau monstre“ (1970) und Duccio Tessaris Thriller „Una Farfalla con le ali insanguinate“ (1971) vertraut ihm Luchino Visconti 1972 die schwierige Rolle des schizophrenen Bayernkönigs Ludwig II. an. In einem ungewöhnlichen Balanceakt zwischen exzessiver und zurückhaltender Darstellung spielt Helmut Berger an der Seite von Romy Schneider – mit der ihn eine lebenslange Freundschaft verbindet – seine Paraderolle.

Im letzten Visconti-Film „Gruppo di famiglia in un interno“ („Gewalt und Leidenschaft“) aus dem Jahr 1974 hat Helmut Berger in der Rolle des Studenten Konrad als Teil der pompösen Visconti-Einrichtung viele Szenen, aber kaum Text. Im Abspann des italienischen Originalfilms ist der Satz „Herr Berger wurde ausgestattet von Yves Saint Laurent“ länger zu lesen als der Name des Hauptdarstellers Burt Lancester. Helmut Berger, der jetzt den inoffiziellen Titel als „Schönster Mann der Welt“ trägt, ist mittlerweile zur Stilikone geworden. Ein Nacktbild von ihm hängt zu dieser Zeit in Londons „Tate Gallery“ – das Museum muss zwischenzeitlich geschlossen werden, so groß ist der Ansturm auf das Bild des Fotografen Helmut Newton.

Die Beziehung zwischen Helmut Berger und Luchino Visconti – der einer alten, italienischen Adelsfamilie entstammt – ist innig und hält dreizehn Jahre lang. Als der Regisseur am 1976 nach einem Schlaganfall stirbt, gerät Helmut Berger in eine schwere Lebenskrise. Luchino Viscontis Testament – in dem er Helmut Berger als Erbe einsetzt – ist nicht mehr auffindbar, die Familie des Grafen jagt ihn umgehend aus dem Schloss und Angebote für große Filme hören von einem Tag auf den anderen auf. Kleinere Rollenangebote lehnt Helmut Berger zunächst ab – für ihn ist das unter seiner Würde. Er zieht nach Rom, nimmt noch kleinere Rollen in italienischen B-Produktionen an, doch der „König des Films“ gehört der Vergangenheit an.

In den achtziger Jahren macht der zu dieser Zeit schwer alkoholkranke Helmut Berger einen Ausflug in die USA und übernimmt eine Rolle in „Dynasty“ („Denver Clan“) – die Amerikaner haben jedoch schnell genug von seinen Eskapaden. Helmut Berger behauptet, er habe aus Wut gekündigt, weil die Produzenten ihm Partys mit seinem Freund Jack Nicholson verbieten wollten. „Ich hasse Hollywood, alles dort, die Plastikwelt, das ganze System. Ich bin Europäer“, sagt Berger später in einem Interview. Nennenswerte Projekte kommen nicht mehr, sein jugendliches Aussehen schwindet und für Aufmerksamkeit sorgt der sinkende Stern in den darauffolgenden Jahren vorwiegend durch Alkohol-, Drogen- und Sex-Skandale.

Im November 1994 heiratet Helmut Berger die dreizehn Jahre jüngere Schauspielerin Francesca Guidato, die es in Italien als Playmate zu einem gewissen Ruhm gebracht hat.

In seiner 1998 veröffentlichten Biografie „Ich“ – welche der Schauspieler heute als „Dreck“ bezeichnet – berichtet er über ausschweifende Kokain-Orgien und seine Affären mit Mick Jagger, Bianca Jagger, Marisa Berenson, Ursula Andress, Helmut Lang, Nathalie Delon und Rudolph Nurejew.

Helmut Berger zieht 2004 nach Salzburg, wo er in der Wohnung seiner verstorbenen Mutter lebt.

2008 spielt Helmuth Berger die Hauptrolle in Peter Kerns „Blutsfreundschaft“ – er mimt einen achtzigjährigen homosexuellen Wäschereibesitzer. Dieser deckt einen jungen Neo-Nazi, weil er ihn an seine große Liebe erinnert, die er als Jugendlicher während der NS-Zeit an die Gestapo verraten hat. Der Film läuft 2010 auf der „Berlinale“.

2013 ist Helmut Berger in der deutschen TV-Show „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ zu sehen.

Seine vorerst letzten Filmauftritte hat Helmut Berger in „Der Teufelsgeiger“ (2013) und in „Der letzte Sommer der Reichen“ (2014).

Helmut Berger hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er Drogen und Alkohol zuspricht und seine öffentlichen Abstürze prägen schon früh die Schlagzeilen. Vom Glanz und dem Geld des ehemaligen Weltstars ist heute nichts mehr da. Helmut Berger, der stets auf dem Grat zwischen stupider Peinlichkeit und grandioser Genialität wandelt, ist heute Privatier – fernab der Öffentlichkeit.