Isa Vermehrens außergewöhnliche und mit zahlreichen Wendungen gespickte Lebensgeschichte könnte ganze Bücher füllen – als Kabarettistin singt sie subversive Seemannslieder, als Schauspielerin spielt sie in mehreren UFA-Filmen mit, sie schreibt bewegende Bücher über ihre KZ-Haft und liest als Ordensschwester und moralische Instanz dem deutschen TV-Publikum jahrelang mit viel Humor die Leviten
Isa Vermehren kommt am 21. April 1918 in Lübeck zur Welt – die Tochter weltoffener und protestantischer Eltern verbringt dort ihre Kindheit und geht dort auch zur Schule, ihr Großvater ist Senator in der damals freien Stadt, ihr Vater arbeitet als Rechtsanwalt und ihre Mutter Petra ist als Journalistin tätig. Als sie sich 1933 kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten beim Morgenappell weigert die Hakenkreuzfahne zu grüßen, wird sie vom Gymnasium verwiesen – sie zieht mit ihrer Mutter nach Berlin, wo sie mit fünfzehn Jahren zum Nachwuchstalent des Berliner Kabaretts avanciert.
In der deutschen Hauptstadt trägt Isa Vermehren mit ihrer Ziehharmonika „Agathe“ im berühmten „Katakomben“-Ensemble von Werner Finck neben Theo Lingen und Ursula Herking flotte Seemannslieder und anmutige Liebesballaden vor. „Dort wurden die besten Witze gemacht, aber leider auch die gefährlichsten“ sagt Isa Vermehren. Ihre Version von „Eine Seefahrt, die ist lustig“, auf der sie in Anspielung auf Joseph Goebbels „Unser Erster auf der Brücke ist ein Kerl Dreikäsehoch, aber eine Schnauze hat er wie ‚ne Ankerklüse hoch“ singt, erscheint auf Schallplatte und wird zum Kassenschlager. 1935 werden die „Katakomben“ auf Anordnung der Nationalsozialisten geschlossen.
Isa Vermehren übernimmt neben bekannten Stars wie Rudolf Plate, Brigitte Horney, Gustav Knut, Max Schmeling, Anny Ondra, Helmut Käutner und Winnie Markus Rollen in mehreren Spielfilmen – unter anderem sieht man sie in „Musik im Blut“ (1934), in „Grüß mir die Lore noch einmal“ (1934), in „Eine Seefahrt, die ist lustig“ (1935), in „Knock Out“, in „Das Mädchen von Fanö“ (1941) und in „In jenen Tagen“ (1947).
1938 holt Isa Vermehren auf der Abendschule ihr Abitur nach und im selben Jahr konvertiert sie zum Katholizismus. Während des Zweiten Weltkrieges wird sie an der Front als Wehrbetreuerin eingesetzt, wo sie die Soldaten mit ihren Liedern unterhält. Als sich ihr Bruder – der als Diplomat tätig ist – 1944 nach England absetzt, ordnet Propagandaminister Joseph Goebbels persönlich an, sie zusammen mit ihren Eltern und zwei Geschwistern als Sippenhäftling ins Konzentrationslager zu sperren. Was Isa Vermehren in Ravensbrück, Buchenwald und Dachau erlebt, hält sie in ihrem Buch „Reise in den letzten Akt“ fest. Als Mitglied des Geiseltransports von prominenten KZ-Häftlingen und Sippenhäftlingen wird sie nach Südtirol verschleppt und dort im Mai 1945 befreit.
Nach dem Ende des Krieges studiert Isa Vermehren an der Bonner Universität Katholische Theologie, Deutsch, Englisch, Geschichte und Philosophie und tritt 1951 als Ordensschwester in das Herz-Jesu-Kloster in Beuel-Pützchen ein. Da damals Lehrerinnen dringend gebraucht werden, betraut man sie 1961 mit der Leitung des Bonner St.-Adelheid-Gymnasiums und danach in Hamburg mit der Leitung der Sophie-Barat-Schule. In den unruhigen sechziger Jahren – einer Zeit, in dem strenger Katholizismus bei vielen Jugendlichen auf Ablehnung stößt – entwickelt sie sich zur moralischen Instanz. Nach ihrer Pensionierung 1983 geht Isa Vermehren zum Fernsehen, wo sie von 1986 bis 1998 das regelmäßig ausgestrahlte „Wort zum Sonntag“ vorträgt.
Isa Vermehren gilt als „strenge Katholikin, die sich bewusst als Konservative bezeichnet“, besitzt jedoch eine „enorme Liberalität im Umgang mit Menschen und Ereignissen“.
Isa Vermehren erhält einige Auszeichnungen – darunter das „Bundesverdienstkreuz“, 2003 den „Predigtpreis“ und 2003 den „Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen“ – ihr legendäres Akkordeon „Agathe“ wird im Bonner „Haus der Geschichte“ ausgestellt.
Isa Vermehren stirbt am 15. Juli 2009 im Alter von einundneunzig Jahren in Bonn. Ihre letzte Ruhestätte findet sie auf dem Klosterfriedhof des Bonner Herz-Jesu-Klosters, wo sie bis zu ihrem Tod lebt.