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Marianne Faithfull

Sie ist eine Ikone des „Swingin London“ der wilden Sechziger und wird ihren Ruf als niedliches Schlagersternchen mit hübschen Gesicht, verführter Unschuld und drogensüchtigem Rocker-Groupie wohl nie ganz loswerden – doch in den vergangenen Jahrzehnten hat Marianne Faithfull als faszinierende Sängerin und Schauspielerin mit zahlreichen Hits und Filmrollen ihrer Vergangenheit genug Eigenes entgegengesetzt

Marianne Faithfull wird am 29. Dezember 1946 im Londoner Stadtteil Hampstead geboren. Die ehemalige Klosterschülerin hat durch ihre Mutter, einer Enkelin von Leopold von Sacher-Masoch, ungarische Wurzeln. Sie wird in den sechziger Jahren als junge Popsängerin in Europa und im Rahmen der sogenannten „British Invasion“ – der Zeit großer Popularität britischer Musiker in den USA – bekannt. Ihre Karriere beginnt 1964, als die schöne siebzehnjährige Blondine vom „Rolling-Stones“-Manager Andrew Oldham entdeckt wird und dieser Mick Jagger und Keith Richards bittet, einen Song für sie zu schreiben – mit „As Tears Go By“ landet sie ihren ersten Hit. „Die Leute haben mich als etwas gesehen, womit man ein bisschen Geld machen kann. Aber nie als jemand, der etwas zu sagen hat“ so Marianne Faithfull heute. Sie veröffentlicht noch eine Reihe erfolgreicher Singles, darunter „This Little Bird“, „Summer Night“ und „Sister Morphine“.

In der Boulevardpresse wird Marianne Faithfull vor allem durch ihre Liebesbeziehung zu Mick Jagger bekannt, der angeblich den Song „Wild Horses“ für sie komponiert – in „Sister Morphine“ singt Marianne Faithfull über ihre Drogensucht. Das Leben des Paares wird stark durch Drogenkonsum bestimmt, wobei Mick Jagger aber nie wirklich abhängig ist. Begierig registriert die Öffentlichkeit die Affären, Skandale und Drogen-Zusammenbrüche Marianne Faithfulls. Nachdem sie betrunken und mit Drogen vollgepumpt auf einer Londoner Straße aufgelesen wird, nimmt man ihr den Sohn Nicholas aus ihrer ersten Ehe weg. Als 1969 die Liaison mit Mick Jagger in die Brüche geht, will sie sich mit Schlaftabletten das Leben nehmen und stirbt beinahe. Trotzdem hält sie ihm zugute, daß er „sonntags immer das Frühstück gemacht“ hat, „was sich vielleicht nicht so toll anhört. Aber die Küche war drei Stockwerke tiefer als das Schlafzimmer“. Anfang der siebziger Jahre kippt sie dann melodramatisch aus den Klatsch-Spalten der Boulevard-Presse – die Drogensucht hat sie fast völlig ruiniert, mit fünfundzwanzig Jahren ist sie ein Wrack. Vom Heroin löst sich Marianne Faithfull erst 1985 vollständig.

1979 gelingt Marianne Faithfull mit „Broken English“, ihrem ersten Album seit zehn Jahren, ein erstaunliches Comeback – halbwegs genesen von den Blessuren der vergangenen Jahre ist ihre Stimme rau und dunkel geworden, passend zu den nachdenklichen und oft dunklen Lied-Texten. Sie „schneidet wie ein rostiges Messer und quält wie Zahnschmerzen“ (New Musical Express). Das dies mit dem Versuch einher geht, sich von der Drogenabhängigkeit zu lösen und eine neue künstlerische Karriere als ernsthafte Musikerin aufzubauen, scheint nur logisch. „The Ballad Of Lucy Jordan“ – in diesem Lied besingt sie das trübe Dasein einer vereinsamten Hausfrau, die schließlich durchdreht und sich umbringt – wird ein Welthit, das Album wird international von der Kritik hochgelobt.

Marianne Faithfull kommt nie allein, wenn sie einen Raum betritt – sie bringt sie alle mit, Mick Jagger, Bob Dylan, Keith Richards, Jimi Hendrix, David Bowie. Nicht zu vergessen Jim Morrison – die Legende, sie sei im Juli 1971 in Paris in die mysteriösen Todesumstände des „Doors“-Frontman verwickelt gewesen, weist sie als haltlos von sich. Sie ist auch nicht bei Morrisons Leiche gewesen oder habe ihm den goldenen Schuss gesetzt – die beiden bezogen nur ihr Heroin von derselben Person.

Im berühmten „Afri-Cola“-Werbespot der siebziger Jahre spielt Marianne Faithfull eine der Nonnen, die verklärt durch eine vereiste Scheibe schauen und sich dem legendären Rausch hingeben.

In den neunziger Jahren arbeitet Marianne Faithfull mit jungen Musikern und Bands zusammen – unter anderem mit „Pulp“ und „Metallica“. 1994 erscheint ihre Interpretation von Van Morrisons „Madame George“ als Single und 2004 das Album „Before the Poison“, auf dem sie unter anderem mit Nick Cave und P. J. Harvey zusammenarbeitet. Im selben Jahr tritt sie in fünfundsiebzig Vorstellungen von Robert Wilsons „The Black Rider“ auf.

1994 spielt Marianne Faithfull in „Shopping“ neben Sadie Frost und Jude Law und 2007 hat sie als Hauptdarstellerin in „Irina Palm“ eine grandiose Rolle als alternde Sex-Arbeiterin. Zuletzt kann man sie 2011 in „Faces In The Crowd“ sehen.

Im September 2006 erkrankt Marianne Faithfull an Brustkrebs – mittlerweile hat sie diesen erfolgreich besiegt.

2014 feiert Marianne Faithful mit dem neuen Album „Give My Love To London“ ihr fünfzigjähriges Bühnenjubiläum.

2004 zieht Marianne Faithfull ins Pariser Quartier Madeleine im achten Arrondissement, wo sie bis heute lebt.