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Pola Negri

Sie gehört zu den größten Stars der Stummfilm-Ära, als ideale Verkörperung der geheimnisvollen Verführerin streicht Pola Negri zu Anfang des letzten Jahrhunderts in Hollywood traumhafte Gagen ein und ist als „Queen of Vamp“ nicht nur wegen ihrer zahlreichen Affären bereits zu Lebzeiten eine Legende

Pola Negri 1927, Foto: By Bain News Service

Pola Negri wird als Barbara Apolonia Chalupiec am 31. Dezember 1894 im polnischen Lipno geboren, das damals zum russischen Zarenreich gehört. Ihr Vater arbeitet als Kunstschmied, die Mutter ist die polnische Adlige Eleonora von Kielczewkska. Pola Negris Vater stirbt in Sibirien, wohin er wegen seines Widerstandes gegen das Zaren-Regime verbannt wird. Sie wächst in einfachen Verhältnissen in Warschau auf – aus ihrem wahren Geburtstagsdatum macht sie zeitlebens ein Geheimnis.

Wegen einer Tuberkulose-Erkrankung muss Pola Negri eine Ballettausbildung abbrechen und nimmt 1909 bis 1911 Schauspielunterricht an der Skola Aplikacyjna in Warschau. Ab 1913 tritt sie am Teatr Wielki in Warschau auf, danach am Großen Theater und am St. Petersburger Sonntagstheater in verschiedenen Ballettinszenierungen. Unter anderem sieht man sie als Tänzerin in der Pantomime „Sumurun“ auf der Bühne. Zusammen mit ihrem Partner Edward Kuryllo protegiert Pola Negri den polnischen Tango in den Warschauer Varietés.

Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterbricht Pola Negris Karriere zunächst, sie lebt einige Jahre unter finanziellen Schwierigkeiten mit ihrer Mutter in Warschau, bis sie 1914 in „Sklavin der Sinne“ ihr Leinwanddebüt hat. Bereits hier verkörpert sie den Typus „Vamp“, mit dem sie berühmt werden wird. Ihren Künstlernamen nimmt sie aus Verehrung für die italienische Dichterin Ada Negri an.

1916 wird Pola Negri vom österreichischen Regisseur und Theaterleiter Max Reinhardt nach Berlin geholt, durch den Regisseur Ernst Lubitsch kommt sie dann zur UFA – ihren Kino-Durchbruch hat sie unter dessen Regie als Carmen und als Madame Dubarry. Sie spielt auch in den Filmen „Die Augen der Mumie Ma“ (1918), „Vendetta“ (1919), „Sumurun“ (1920) und „Die Bergkatze“ (1921). In Deutschland wird die slawische Schönheit neben Henny Porten und Asta Nielsen zum größten Filmstar ihrer Zeit und wird bald als „Duse der Leinwand“ bezeichnet. Als gewagt kostümierte Tänzerin begeistert sie vor allem das männliche Publikum – mit angeklebten Locken und wilden Kosakentänzen bringt sie Leidenschaft und Sinnlichkeit auf die Leinwand.

Nach dem großen Erfolg von „Madame Dubarry“ wird Pola Negri in den USA von den Paramount-Studios verpflichtet. Ihr amerikanisches Filmdebüt hat sie in „Bella Donna“. Pola Negri ist die erste europäische Schauspielerin, die in Hollywood engagiert wird und entwickelt sich dort zum Inbegriff der verführerischen Frau, der sämtliche Helden zum Opfer fallen. Weitere Triumphe wie „Forbidden Paradise“ („Das verbotene Paradies“, 1924) und „Hotel Imperial“ („Hotel Stadt Lemberg“, 1927) folgen.

Von ihren Gagen kauft Pola Negri sich das Schloss Seraincourt bei Rueil in Frankreich.

Mit Einführung des Tonfilms beginnt der Stern von Pola Negri zu sinken – ihr starker polnischer Akzent wird vom amerikanischen Publikum nicht angenommen. Sie kehrt nach Deutschland zurück und spielt in Willy Forsts „Mazurka“ (1935) – den Gesangspart der hohen Töne darin übernimmt Hilde Seipp. „Mazurka“ soll der Lieblingsstreifen von Adolf Hitler gewesen sein – in Deutschland verdächtigt man Pola Negri zeitweise einer Liebschaft mit dem „Führer“. Es folgen Fritz Kirchhoffs „Tango Notturno“ (1937), Gerhard Lamprechts „Madame Bovary“ (1937) und Nunzio Malasommas „Die fromme Lüge“ (1938). Der letzte Stummfilm von Pola Negri „Die Straße der verlorenen Seelen“ (1929) hat nur in einer französischen Fassung überlebt.

Pola Negri nimmt einige ihrer Filmschlager auf Deutsch und Englisch auf Schellackplatten auf – ihre Version von Peter Kreuders „Wenn die Sonne hinter den Dächern versinkt“ wird von Kritikern als beste Interpretation überhaupt gepriesen.

Das Comeback von Pola Negri in Deutschland hält nicht lange an, nach dem Einmarsch der Deutschen in ihrem Heimatland Polen verlässt die Schauspielerin Europa und lässt sich in Hollywood nieder – anfangs arbeitet sie dort für das „Rote Kreuz“. Im Streifen „Hi Diddle Diddle/Diamonds And Crime“ (1943) persifliert sie ihre alten Vamp-Rollen. 1951 nimmt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Ein letztes Mal steht sie für die Disney-Produktion „The Moon-Spinners“ („Der Millionenschatz“, 1964) vor der Kamera. Danach beginnt sie ein zurückgezogenes Leben zu führen, geht Fotografen aus dem Weg und lehnt wiederholt Filmangebote ab. Bei den Berliner Filmfestspielen 1964 zeigt man eine Retrospektive ihrer erfolgreichen Streifen, wofür sie erstmals nach langer Zeit wieder nach Deutschland reist.

Pola Negri erregt nicht nur als Künstlerin, sondern auch durch Skandale und Affären – unter anderem mit Charlie Chaplin und Rudolph Valentino – für Aufsehen. 1925 gibt sie ihre Verlobung mit Valentino bekannt, der jedoch mit einunddreißig Jahren an einer Blutvergiftung stirbt – der Frauenschwarm soll mit ihrem Namen auf den Lippen sein Leben ausgehaucht haben. Bei der Beerdigung wirft sich Pola Negri dramatisch auf den Sarg – böse Zungen beschreiben diese Szene als die beste Darstellung ihrer Karriere.

Pola Negri ist dreimal verheiratet – zuerst mit Baron Popper, dann mit Graf Eugene Domsky und schließlich mit dem russischen Prinzen Serge Mdivani. Einigen Quellen zufolge soll der erste Ehemann von Pola Negri der Tanzkünstler und frühere zweite Ehemann von Anita Berber, Sebastian Droste, gewesen sein.

1970 erscheint die Biografie von Pola Negri „Memoirs Of A Star“. 1972 überreicht ihr Bundeskanzler Willy Brandt die „Gerhart-Hauptmann-Medaille“ in Gold.

Ein junger Arzt, der die Schauspielerin an ihrem Sterbebett betreut, weiß nicht, wer sie ist, sie setzt sich auf und spricht empört: „You don’t know who I am?“. Pola Negri stirbt mit zweiundneunzig Jahren am 1. August 1987 im texanischen St. Antonio, wo sie lange Zeit erfolgreich als Immobilienmaklerin tätig ist. Die Diva, die schon zu Lebzeiten auf einem Friedhof bei New York eine Grabstätte in der Nähe von Rudolph Valentinos Grab erwirbt, charakterisiert sich selbst mit einem Satz aus ihrem letzten Film: „I have survived two wars, four revolutions and five husbands.“