Startseite » Politiker » Valeska Gert

Valeska Gert

Die unkonventionelle Tänzerin gehört mit ihren suggestiven und mit vollem Körpereinsatz vorgetragenen Chansons sowie ihren exzentrischen Tanzpantomimen zum ungewöhnlichsten, was auf der Kabarett-Bühne zu sehen ist – Valeska Gert revolutioniert den Ausdruckstanz und feiert nach ihrer Rückkehr aus dem amerikanischen Exil ihr Comeback beim deutschen Film

Valeska Gert kommt als Gertrud Valesca Samosch am 11. Januar 1892 in Berlin als ältestes Kind des wohlhabenden jüdischen Berliner Kaufmanns Theodor Samosch und dessen Ehefrau Augusta Rosenthal zur Welt. Auf Veranlassung ihrer Mutter erhält sie ab ihrem siebten Lebensjahr Tanzstunden sowie Schauspielunterricht. Wenig später erhält sie ein Engagement an den Münchner Kammerspielen und kann bereits ein Jahr darauf Erfolge als Solotänzerin in Berlin und München verzeichnen. Durch ihre Tanzpantomimen – in denen sie Sujets wie Boxen, Nervosität, Kupplerin, Politiker und Prostituierte analysiert und deren Vielschichtigkeit als Einheit umsetzt – avanciert sie schließlich zum skandalumwitterten Star. Auch nutzt sie ihr für eine Tänzerin unkonventionelles Aussehen, um diverse Tanzthemen performativ umzusetzen – bereits in den zwanziger Jahren stellt sie das junge Medium Film dar, indem sie Zeitraffer, Zeitlupe und auch den Filmschnitt selbst tanzt.

1925 ist Valeska Gert erstmals im Stummfilm „Ein Sommernachtstraum“ zu sehen, danach spielt sie an der Seite von Greta Garbo und Asta Nielsen in Georg Wilhelm Pabsts „Die freudlose Gasse“ (1925) und neben Sybille Schmitz in „Tagebuch einer Verlorenen“ (1925). Größeren Bekanntheit erlangt sie 1926 mit ihrem Auftritt als Mrs. Peachum in der „Dreigroschenoper“. 1932 eröffnet sie in Berlin ihr erstes Kabarett „Kohlkopp“.

Von den Nazis als „entartet“ diffamiert, hat Valeska Gert in Deutschland außer im „Kulturbund Deutscher Juden“ keine Auftrittsmöglichkeiten mehr und hält sich länger in Frankreich, den USA und vor allem in England auf. 1936 heiratet sie dort ihren zweiten Ehemann, den Schriftsteller Robin Hay Anderson – Anfang 1939 emigriert sie in die USA. Hier hat sie es schwer, in ihrem bisherigen Beruf zu arbeiten und ist auch als Tellerwäscherin tätig. 1939 engagiert sie als Klavierbegleiter für Probeauftritte zeitweilig den siebzehnjährigen Georg Kreisler. 1941 eröffnet Valeska Gert in New York die „Beggar Bar“ – eine Mischung aus Kabarett und Restaurant, die sie jedoch 1945 wegen behördlicher Auflagen wieder schließen muss. Einer ihrer Kellner ist der später als Dramatiker weltberühmt gewordene Tennessee Williams.

Nach dem Ende des Krieges kehrt Valeska Gert 1947 nach Europa zurück – nach Zwischenaufenthalten in Paris und Zürich reist sie 1949 nach Berlin, wo sie zunächst das Kabarett „Bei Valeska“ und im Folgejahr das Kabarett „Hexenküche“ eröffnet, für das sie den jungen Klaus Kinski engagiert. Sie selbst spielt dort die für ihre Grausamkeit berüchtigte KZ-Kommandeurin Ilse Koch, die 1949 zu sechzehn Jahren Haft verurteilt wird. 1951 eröffnet Valeska Gert in Kampen auf der Nordseeinsel Sylt des Nachtlokal „Ziegenstall“ – in der mit Heu dekorierten Bar sorgen die Kellner nicht nur für das leibliche Wohl, sondern auch für die Unterhaltung der Gäste.

1965 engagiert sie der italienische Filmregisseur Federico Fellini für den Film „Giulietta degli spiriti“ („Julia und die Geister“) an der Seite von Giulietta Masina. 1970 erhält Valeska Gert das „Filmband in Gold“ für ihr langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film. 1973 spielt sie in Rainer Werner Fassbinders TV-Serie „Acht Stunden sind kein Tag“ neben Gottfried John und Hanna Schygulla und 1976 ist sie an der Seite von Margarethe von Trotta und Mathieu Carrière in Volker Schlöndorffs „Der Fangschuß“ zu sehen. Danach dreht Volker Schlöndorff die Dokumentation „Nur zum Spaß, nur zum Spiel“, in der Valeska Gert über ihr Leben erzählt und einige Tänze und Performances vorführt.

1978 engagiert sie Werner Herzog für seine Neuverfilmung des Murnau-Klassikers „Nosferatu“ – doch Valeska Gert stirbt noch vor Beginn der Dreharbeiten am 16. März 1978. Die Tänzerin und Schauspielerin wird in ihrer Geburtsstadt Berlin auf dem Friedhof Ruhleben beigesetzt, wo sie ein Ehrengrab erhält. Ihr Nachlass gelangt an das „Archiv der Akademie der Künste Berlin“ – bemerkenswerte Dokumente besitzen auch die „Theaterwissenschaftliche Sammlung der Universität zu Köln“ und das „Deutsche Tanzarchiv Köln“.

Valeska Gert ist ein Stern auf dem „Walk of Fame“ des Kabaretts gewidmet – im Berliner Stadtteil Friedrichshain ist eine Straße nach ihr benannt.