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Hedy Lamarr

Im Hollywood der dreißiger und vierziger Jahre etabliert die attraktive Wienerin einen neuen Frauentypus im amerikanischen Film – der Look der Hedy Lamarr wird von vielen Schauspielerinnen der damaligen Zeit kopiert. Noch heute wird ihre bahnbrechende Erfindung des gleichzeitigen Frequenzwechsels in der Kommunikationstechnik eingesetzt – „Der Tag der Erfinder“ wird ihr zu Ehren jedes Jahr an ihrem Geburtstag gefeiert

Als Hedwig Eva Maria Kiesler kommt Hedy Lamarr am 9. November 1914 als Tochter des Bankdirektors Emil Kiesler und seiner Frau Gertrud – einer Konzertpianistin – in Wien zur Welt. Die Schauspielerin wächst in einer wohlhabend-großbürgerlichen Umgebung auf.

Gegen Ende der zwanziger Jahre entdeckt Max Reinhardt sie für die Schauspielerei und holt sie nach Berlin. Nach einer Theaterausbildung kehrt Hedy Lamarr nach Wien zurück, wo sie als Script-Girl beim Film zu arbeiten beginnt. Ihre erste größere Rolle hat sie 1931 in „Man braucht kein Geld“, in dem sie neben Hans Moser und Heinz Rühmann zu sehen ist. Im tschechischen Film „Ekstase“ spielt die siebzehnjährige Hedy Lamarr die erste Nacktszene der Filmgeschichte – ein Bad in einem See, der anschließende Gang nackt durch einen Wald und ihr Gesicht, auf dem sich ihre sexuelle Erregung wieder spiegelt. In Ihrer Autobiografie erzählt die Schauspielerin, dass Regisseur Gustav Machatý ihr mit einer Reißzwecke in den Hintern piekste, um ihr einen leidenschaftlichen Ausdruck ins Gesicht zu zaubern. Der Film wird in vielen Länder der Welt verboten oder gelangt nur in einer stark zensierten Fassung zur Aufführung.

1933 heiratet die Schauspielerin den österreichischen Schwerindustriellen Fritz Mandl, der als Generaldirektor der „Hirtenberger Patronenfabrik“ einem der damals weltgrößten Rüstungskonzerne vorsteht und mit den Nationalsozialisten gute Geschäfte macht. Hedy Lamarr steht zwar im Mittelpunkt der feinen Wiener Gesellschaft, leidet aber unter ihrem herrschsüchtigen Mann, der sie wie eine Leibeigene hält und ihr das Schauspielen untersagt. Mandl, Sohn eines jüdischen Vaters und einer katholischen Mutter, verlangt anlässlich der Hochzeit in der Wiener Karlskirche von ihr, dass sie vom jüdischen zum katholischen Glauben übertritt. Am gemeinsamen Wohnsitz, Schloss Schwarzenau in Niederösterreich, verkehrt Prominenz wie Ödön von Horváth oder das Ehepaar Franz und Alma Werfel.

1937 verlässt Hedy Lamarr ihren Mann und reicht in Paris die Scheidung ein, dann geht sie nach London und wird dort von MGM-Boss Louis B. Mayer entdeckt und nach Hollywood geholt. Fortan nennt sie sich – in Anlehnung an den Star der Stummfilmära Barbara la Marr – Hedy Lamarr und etabliert sich im amerikanischen Kino zum neuen Sexsymbol. In ihrem ersten Hollywood-Film „Algiers“ (1938) neben Charles Boyer gelingt es ihr, die Vorherrschaft der Wasserstoffblondinen à la Jean Harlow zu beenden. Allerdings entsprechen Hedy Lamarrs schauspielerische Leistungen nicht ihrem blendenden Aussehen.

Die Filmkarriere von Hedy Lamarr dauert bis in die fünfziger Jahre an, sie spielt neben Größen wie Clark Gable, James Stewart, Spencer Tracy und Judy Garland. Die Hauptrolle im Klassiker „Casablanca“ lehnt die Schauspielerin ab und hat auch sonst keine glückliche Hand in der Wahl ihrer Filmrollen. Die als träge, schwierig und wenig ambitioniert geltende Diva wählt zumeist Filme ohne bleibenden cineastischen Wert. Nur selten gelingt es ihr, dem Klischee der marmornen Schönheit zu entkommen, wie in der romantischen Komödie „Komm bleib bei mir“ an der Seite von James Stewart.

Den größten Erfolg ihrer Filmkarriere feiert Hedy Lamarr 1949 in „Sampson & Delilah“ von Cecil B. DeMille, ihrem ersten Farbfilm. An diesen Erfolg kann die Schauspielerin nicht mehr anknüpfen, ihren letzten großen Auftritt hat sie 1957 in „The Female Animal“, in dem sie eine alternde Filmdiva spielt.

Hedy Lamarr heiratet insgesamt sechsmal – Fritz Mandl, Gene Markey, Sir John Loder, Teddy Stauffer, W. Howard Lee sowie Lewis J. Boles. Die dreifache Mutter sagt: „Mein Problem in Ehen – und das ist das Problem vieler Frauen – war es beides zu wollen, Intimität und Unabhängigkeit. Es ist ein schmaler Grat, und doch sind beide Dinge sehr wichtig für eine Ehe.“

Als überzeugte Gegenerin des Nationalsozialismus steht Hedy Lamarr auf Seiten der Alliierten und entwickelt 1942 eine patentierte Funkfernsteuerung für Torpedos, welche durch sich selbsttätig wechselnde Frequenzen störungssicher ist. Der Schauspielerin kam die Idee beim Klavierspielen, als sie und der Komponist George Antheil eines seiner Werke für sechzehn mechanische Pianolas synchronisieren wollen. Das Problem lösen sie mit identischen Lochkarten im Sender und Empfänger, wodurch die gleichzeitigen Frequenzwechsel möglich sind. Die Erfindung wird in der heutigen Kommunikationstechnik bei Bluetooth-Verbindungen und in der GSM-Technik angewendet. 1997 verleiht die „Electronic Frontier Foundation“ Hedy Lamarr den „EFF Pioneer Award“ in Würdigung ihrer Erfindung.

Hedy Lamarr beginnt sich in den siebziger Jahren immer mehr aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Sie siedelt von der Westküste nach New York und von dort nach Florida, wo sie bis zu ihrem Tod völlig abgeschottet von der Öffentlichkeit lebt. Ihr Rückzug aus der Öffentlichkeit kann ihrer Popularität in den USA allerdings keinen Abbruch tun, sie verfügt sie über einen außergewöhnlich hohen Bekanntheitsgrad und ist schon zu Lebzeiten eine Legende.

Hedy Lamarr stirbt am 19. Januar 2000 in Orlando in Florida. Es ist der letzte Wille der Schauspielerin, dass ihre Asche im Wienerwald verstreut wird.