Als einflussreichster und kreativster Songschreiber seiner Epoche beeinflusst er wie kaum ein anderer die Popmusik, Literatur und Filmkunst Frankreichs – Serge Gainsbourg schreibt zahlreiche Pop-Klassiker, komponiert die Musik für große Kinoproduktionen und sorgt mit seinem provokanten Querschläger-Image und diversen Liebschaften für Aufsehen
Serge Gainsbourg wird am 2. April 1928 in Paris als Lucien Ginsburg geboren. Er ist der Sohn der russisch-jüdischer Immigranten Joseph und Oletchka Ginsburg, die 1919 vor dem Bolschewismus aus Russland über Istanbul und Marseille nach Paris fliehen. Der Junge wächst mit seiner Zwillingsschwester Liliane in einfachen Verhältnissen auf, sein Vater verdient als Klavierspieler in Bars den Lebensunterhalt für die Familie und bringt ihm früh das Klavierspielen bei. Unter der deutschen Besatzung ist die Familie gezwungen, den Judenstern zu tragen, sie überlebt den Zweiten Weltkrieg und den Nationalsozialismus auf dem Land in Limoges. Zurück in Paris macht Serge Gainsbourg das Abitur, schreibt sich danach in der Universität ein und verlässt diese ohne einen Abschluss. 1951 heiratet der Künstler seine erste Frau Elisabeth Levitsky, 1957 wird die Ehe geschieden. Zunächst lebt Serge Gainsbourg von Gelegenheitsarbeiten sowie Gesangs- und Zeichenunterricht, 1957 begleitet er die Sängerin Michèle Arnaud auf dem Klavier – diese ist von seinen selbstkomponierten Songs sehr angetan und nimmt 1958 einige davon auf Schallplatte auf. Durch diesen Erfolg bestätigt, komponiert Serge Gainsbourg weitere Chansons und eine Revue.
Die erste wenig erfolgreiche Veröffentlichung bringt Serge Gainsbourg 1958 unter dem Titel „Du chant à la une !…“ heraus. In der Folgezeit ist er vor allem als Komponist und Texter gefragt, weniger als Interpret. Vor allem die Komposition „La javanaise“ – gesungen von Juliette Gréco und später auch von ihm selbst – macht eine breite Öffentlichkeit auf ihn aufmerksam und wird einer seiner bekanntesten Titel. 1965 nimmt die junge France Gall mit seinem Song „Poupée de cire, poupée de son“ für Luxemburg am Eurovision Song Contest teil und gewinnt dabei den ersten Platz. Serge Gainsbourg schreibt daraufhin für die Sängerin das zweideutige „Les sucettes“, das zwar sehr erfolgreich wird, aber zugleich das Ende ihrer Zusammenarbeit markiert. France Gall beteuert später, hätte sie in ihrer damaligen Naivität gewusst, das der Text als Beschreibung von Oralverkehr verstanden werden kann, hätte sie es nie gesungen. Ab 1966 verlegt sich Serge Gainsbourg mehr auf Popmusik und wird bei den Anhängern der „Ye-Ye“-Musik sehr populär, auch schreibt er Songs für Marianne Faithfull („Hier ou Demain“), Françoise Hardy („Comment Te Dire Adieu“) und Petula Clark
1969 feiert Serge Gainsbourg seinen größten Erfolg im Duett mit Jane Birkin und dem Erfolgsstück „Je t’aime… moi non plus“ – empörte Moralisten und die katholische Kirche protestieren deutlich gegen diese „beschämende Obszönität“, doch das Stück avanciert zum etliche Male gecoverten Klassiker und veranlasst den Sänger 1971 mit „La décadanse“ ein weiteres erotisches Lied herauszubringen – der abermals im Duett mit Jane Birkin gesungene Song empört wohlkalkuliert erneut die Moralisten jener Zeit. „Je t’aime… moi non plus“ nimmt Serge Gainsbourg ursprünglich mit Brigitte Bardot auf, die Schauspielerin findet das Lied jedoch mit Rücksicht auf ihre Ehe mit Gunter Sachs als zu gewagt und erlaubt die Veröffentlichung erst 1986.
Serge Gainsbourg ist bekannt für seine großartigen Konzeptalben – 1975 erscheint „Rock Around The Bunker“, wo er sich mit der Besetzung Frankreichs durch die Deutschen im Zweiten Weltkrieg und seiner jüdischen Herkunft auseinandersetzt, 1976 folgt die surrealistische Liebesgeschichte „L’Homme à tête de chou“. Mit der Band von Bob Marley nimmt er 1979 das Reggae-Album „Aux armes et cætera“, das die von vielen Franzosen als skandalös empfundene Reggae-Version der „Marseillaise“ beinhaltet – „Aux armes et cætera“ wird Serges Gainsbourgs erstes Gold-Album dank 500.000 verkaufter Einheiten. Der Sänger ist auch der erste bekannte französische Künstler, der über Homosexualität singt – sein Album „Love On The Beat“ beinhaltet Titel wie „I’m The Boy“ sowie „Harley David Son Of A Bitch“.
Auch als Schauspieler macht sich Serge Gainsbourg einen Namen – mit Jane Birkin spielt er 1969 im Film „Slogan von Pierre Grimblat“, weitere gemeinsame Filme wie „Cannabis“ („Engel der Gewalt“) folgen. Seine Filme „Je t’aime…moi non plus“ (1976) und „Charlotte Forever“ (1986) tragen starke autobiografische Züge und gelten heute als Meisterwerke des französischen Kunstkinos.
Serge Gainsbourg ist immer für einen öffentlichen Skandal gut – 1984 verbrennt er in einer französischen Talkshow einen 500-Franc-Schein, während eines anderen Fernsehauftrittes belästigt er die junge Whitney Houston mit sexuellen Anzüglichkeiten („I would like to fuck you“) und hinzu kommen seine zunehmenden Alkoholeskapaden.
Serge Gainsbourg – dem man zahlreiche Beziehungen zu bekannten Frauen des französischen Showgeschäfts nachsagt – ist zweimal verheiratet und hat insgesamt vier Kinder mit drei verschiedenen Frauen. 1951 heiratet er Élisabeth Levitzky, die Tochter eines emigrierten, russischen Aristokraten, die Ehe hält bis 1957. 1964 heiratet Serge Gainsbourg Françoise-Antoinette Pancrazzi, aus dieser Beziehung stammen Tochter Natacha und Sohn Paul. Mit der britischen Schauspielerin Jane Birkin ist Serge Gainsbourg von 1969 bis 1980 liiert – sie haben die gemeinsame Tochter Charlotte. Sein letztgeborener Sohn Lucien stammt aus der Beziehung mit der französischen Sängerin Bambou.
Serge Gainsbourg stirbt am 2. März 1991 in Paris an einem Herzinfarkt. Er wird neben seinen Eltern auf dem Friedhof Montparnasse in Paris unter großer öffentlicher Anteilnahme beigesetzt. Das Grab des Mannes, der die Republik zu Lebzeiten so manches Mal mit gesellschaftlichen Tabu-Brüchen spaltet und zur Verzweiflung bringt, zählt zu den meist besuchten Ruhestätten der französischen Hauptstadt.
Clermont-Ferrand verleiht 2001 als erste Stadt Frankreichs einer Straße den Namen „Rue Serge-Gainsbourg“. 2008 widmet die Pariser Cité de la Musique Serge Gainsbourg eine große Ausstellung, in der erstmals auch Stücke aus dem Privatbesitz seiner Tochter Charlotte zu sehen sind. 2010 kommt der biografische Film „Gainsbourg“ in die Kinos.