Seit mehr als vierzig Jahren ist sie eine feste Größe in der deutschen Film- und Theaterwelt – Judy Winter gehört zu den gefragtesten deutschen Charakterschauspielerinnen, sie leiht etlichen Hollywoodgrößen ihre markante Stimme und setzt sich mit viel Engagement für soziale Belange ein
Judy Winter kommt als Beate Richard am 4. Januar 1944 im oberschlesischen Friedland als Tochter eines Offiziers und einer Tänzerin zur Welt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Flucht aus Schlesien kommt die Familie über Hannover und Bielefeld nach Heidelberg, wo die Eltern ihrer Tochter ermöglichen, Ballett-Unterricht zu nehmen. Doch der Traum einer Tanzkarriere kann wegen ihrer Größe nicht verwirklicht werden, stattdessen wendet sich Judy Winter der Schauspielerei zu.
Mit knapp siebzehn Jahren erhält Judy Winter ein erstes Engagement in Ulm – protegiert von Peter Zadek, mit dem sie auch privat eine kurze Liaison hat. Der Theatergegisseur nimmt sie mit nach Bremen, wo sie das erste Mal unter ihrem Künstlernamen Judy Winter – nach ihren Vorbildern Judy Garland und Shelley Winters – auf der Bühne steht. Weitere Engagements führen sie nach Berlin ans Renaissance Theater sowie nach Hamburg ans Thalia-Theater und Ernst-Deutsch-Theater. Sie agiert in Stücken wie in Patrick Hamiltons Krimi „Gaslicht“, in Anton Tschechows „Kirschgarten“ oder als Mary Tyrone in Eugen O’Neills „Eines langen Tages Reise in die Nacht“, sie spielt in Bertolt Brechts „Mutter Courage“ und in der Uraufführung von „Herbstsonate“ nach dem Filmklassiker von Ingmar Bergman.
Einen ihrer größten Bühnenerfolge hat Judy Winter jahrelang mit dem Stück „Marlene“ – in weit über fünfhundert Aufführungen kann man sie im Berliner Renaissance-Theater und bei zahlreichen Gastspielen im In- und Ausland erleben. Weitere Theaterstücke mit Judy Winter sind die Krimi-Komödie „Acht Frauen“, „Süßer Vogel Jugend“ und „Rose“. Auch auf der Musical-Bühne kann man die Künstlerin sehen – so in „Chicago“, „My Fair Lady“ und „Hello Dolly“.
Ihre ersten Filmrollen hat Judy Winter 1966 in „Frühlings Erwachen“ und in „Die Unberatenen“ sowie 1970 in der Klamotte „Das gelbe Haus am Pinnasberg“. Den Leinwanddurchbruch feiert sie 1971 in „Und Jimmy ging zum Regenbogen“ nach Johannes Mario Simmel an der Seite von Doris Kunstmann, Horst Frank, Ruth Leuwerik und Horst Tappert. Danach kann man sie in „Der Lord von Barmbeck“ (1973), in „Das Traumhaus“ (1980) und neben Martin Beck in „Der Mann, der sich in Luft auflöste“ (1980) sehen.
Bundesweit bekannt wird Judy Winter durch die legendäre Tatort-Folge „Reifezeugnis“ (1977) als betrogene Ehefrau neben Nastassja Kinski und Christian Quadflieg. Danach spielt sie in Krimi-Reihen wie „Derrick“, „Sonderdezernat K1“ und „Ein Fall für zwei“ sowie in Fernsehproduktionen wie „Vater braucht eine Frau“, „Sterne des Südens“, „Schmetterlingsgefühle“ an der Seite von Hannelore Elsner und „Durch dick & dünn“ neben Dietmar Bär und Jürgen Tarrach. In der Ferienclub-Satire „Club Las Piranjas“ (1995) gibt sie neben Angelika Milster und Hape Kerkeling die stets angetrunkene Clubchefin Frau Dr. Wenger.
2008 hat Judy Winters Chanson-Soloabend „Wenn ich mir was wünschen dürfte“ in der Berliner Urania Premiere – darin singt sie Lieder von Berthold Brecht und Hildegard Knef. Auch als Synchronsprecherin macht sich Judy Winter einen Namen – sie leiht den Schauspielerinnen Shirley MacLaine, Bette Midler, Audrey Hepburn, Julie Walters, Faye Dunaway, Annie Girardot, Mireille Darc, Vanessa Redgrave und Liv Ullmann ihre Stimme. Nebenher wirkt sie in zahlreichen Hörspielproduktionen mit.
Seit vielen Jahren engagiert sich Judy Winter für die Belange von HIV-Infizierten und Aids-Kranken. Als Kuratorin der Berliner Aids-Hilfe bemüht sie sich, das Thema Aids nicht aus dem Blick der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen und begründet mit anderen die jährlich stattfindende Gala „Künstler gegen Aids“. 2001 wird Judy Winter für ihr langjähriges soziales Engagement mit dem „Bundesverdienstkreuz“ ausgezeichnet, 2005 folgt der „Verdienstorden des Landes Berlin“.
Judy Winter – die zwanzig Jahre lang mit dem Jazz-Musiker Rolf Kühn verheiratet ist – lebt heute in Berlin-Charlottenburg. Sie hat einen Adoptivsohn – Francis C. Winter, der als Schauspieler und Bühnenautor tätig ist.