Sie spielt Alkoholikerinnen, trauernde Witwen und andere tragische Leinwandfiguren in zahlreichen Klassikern – Michèle Morgan agiert an der Seite der großen französischen Filmstars ihrer Zeit und gilt heute als eine der letzten noch lebenden Legenden des europäischen Kinos
Michèle Morgan kommt am 29. Februar 1920 im französischen Neuilly-sur-Seine als Simone Renée Roussel zur Welt – mit fünfzehn Jahren verlässt sie ihr Elternhaus und nimmt Schauspielunterricht bei René Simon an dessen „Cours d’art dramatique René-Simon“ in Paris.
1935 gibt Michèle Morgan in „Une fille à papa“ („Eine Tochter für den Papa“) ihr Filmdebüt – danach folgen kleinere Rollen in „La vie parisienne“ („Pariser Leben“, 1935) und „Mademoiselle Mozart“ (1935) neben Danielle Darrieux.
In Frankreich erlangt Michèle Morgan 1936 durch den Film „Gribouille“ („Der fünfte Geschworene“) landesweite Bekanntheit – über Nacht wird sie zum Star des französischen Realismus. Sie dreht Filme wie „Orage“ (1937) und „Le Quai des Brumes“ („Hafen im Nebel“) neben Jean Gabin, mit dem sie gemeinsam in diversen Filmen das französische Kinotraumpaar jener Zeit bildet.
1940 geht Michèle Morgan nach Hollywood, wo sie unter anderem in „Higher And Higher“ (1943) mit Frank Sinatra, in „Passage To Marseille“ (1944) neben Humphrey Bogart und in „The Chase“ (1946) mit Peter Lorre zu sehen ist – obwohl sie seit 1943 die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt, kehrt sie 1946 nach Frankreich zurück, weil amerikanische Filme nicht ihren Ansprüchen genügen.
In den fünfziger Jahren gilt Michèle Morgan als beliebteste Schauspielerin Frankreichs – sie dreht mit Kollegen wie Jean Gabin, Gérard Philipe, Yves Montand und Jean Marais. 1959 kann man sie an der Seite von O. W. Fischer, Heinz Rühmann, Sonja Ziemann und Gert Fröbe in „Menschen im Hotel“ sehen. Weitere Filme mit Michèle Morgan sind „Landru“ („Der Frauenmörder von Paris“, 1962) mit Stéphane Audran, Danielle Darrieux und Hildegard Knef, „Lost Command “ („Sie fürchten weder Tod noch Teufel“, 1966) neben Claudia Cardinale, Anthony Quinn und Alain Delon, „Benjamin ou Les Mémoires d’un puceau“ („Aus dem Tagebuch einer männlichen Jungfrau“, 1968) mit Michel Piccoli und Catherine Deneuve und „Robert et Robert“ („Ein Mann sucht eine Frau“, 1978).
Michèle Morgan ist dreimal verheiratet – von 1942 bis 1949 mit dem US-amerikanischen Schauspieler und Bandleader Bill Marshall, mit dem sie Sohn Mike Marshall hat und von 1949 bis zu dessen Tod 1959 mit dem französischen Schauspieler Henri Vidal. Der Schauspieler und Regisseur Gérard Oury ist von 1960 bis zu dessen Tod 2006 ihr dritter Ehemann.
1965 veröffentlicht Michèle Morgan unter dem Titel „Mes Yeux ont vu“ („Meine Augen haben gesehen“) ihre Memoiren – 1977 folgt die Fortsetzung „Avec ces yeux-là“.
1969 wird Michèle Morgan zum „Ritter der Ehrenlegion“ ernannt und Hollywood ehrt sie mit einem Stern auf dem „Walk Of Fame“. 1992 erhält sie den französischen Filmpreis „César“ für ihr Lebenswerk.
Bis in die neunziger Jahre hinein wirkt Michèle Morgan in TV-Produktionen mit – ihren letzten Filmauftritt hat sie in Warren Beattys Komödie „Bulworth“ (1998).
Nach dem Rückzug aus dem Filmgeschäft widmet sich Michèle Morgan der Malerei – 1966 werden ihre Bilder erstmals ausgestellt.