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Michel Piccoli

Als einer der vielseitigsten Charakterdarsteller Frankreichs verkörpert er mit Vorliebe Außenseiter der bürgerlichen Gesellschaft – Michel Piccoli steht für zahlreiche Kinoproduktionen in Rollen von Müßiggängern, Salonlöwen und Priestern vor der Kamera, er wird für seine Arbeit mit unzähligen Filmpreisen geehrt und gilt heute als große Legende des französischen Kinos

Jacques Daniel Michel Piccoli kommt am 27. Dezember 1925 in Paris als Sohn des Violinisten Henri Piccoli und der Pianistin Marcelle Expert-Bezançon zur Welt – er stammt aus einer Musikerfamilie italienischer Herkunft, die seit mehreren Generationen in Paris lebt. Michel Piccoli besucht in Paris das Collège d’Annel, die École alsacienne und das Collège Sainte-Barbe, er nimmt Schauspielunterricht, tritt bei verschiedenen Laien-Aufführungen auf und feiert in den vierziger Jahren in der französischen Hauptstadt sein Bühnendebüt. Zeitweilig ist er Direktor des Théâtre de Babylone.

Seinen Kinodurchbruch feiert Michel Piccoli in Luis Buñuels „La Mort en ce jardin“ („Der Tod in diesem Garten“, 1956) sowie in „Les sorcières de Salem“ („Hexenjagd“, 1957) an der Seite von Simone Signoret und Yves Montand. Internationale Bekanntheit erlangt er 1963 durch eine Rolle in Jean-Luc Godards Kultfilm „Le Mépris“ („Die Verachtung“, 1963) neben Brigitte Bardot und Fritz Lang.

Danach sieht man Michel Piccoli in Filmen wie „Le Journal d’une femme de chambre“ („Tagebuch einer Kammerzofe“, 1964) mit Jeanne Moreau, „Compartiment tueurs“ („Mord im Fahrpreis inbegriffen“, 1965) mit Yves Montand und Jean-Louis Trintignant, „La guerre est finie“ („Der Krieg ist vorbei“, 1966) mit Ingrid Thulin, „Belle de jour“ („Schöne des Tages“, 1967) neben Catherine Deneuve, „Les Demoiselles de Rochefort“ („Die Mädchen von Rochefort“, 1967) mit Catherine Deneuve, Danielle Darrieux und Gene Kelly, „Benjamin ou Les mémoires d’un puceau“ („Benjamin – Aus dem Tagebuch einer männlichen Jungfrau“, 1968) neben Michèle Morgan, Alfred Hitchcocks „Topas“ (1969), „Liza“ („Allein mit Giorgio“, 1972) mit Catherine Deneuve und Marcello Mastroianni, „Le charme discret de la bourgeoisie“ („Der diskrete Charme der Bourgeoisie“, 1972) an der Seite von Stéphane Audran und Jean-Pierre Cassel, „La grande bouffe“ („Das große Fressen“, 1973) mit Marcello Mastroianni, Ugo Tognazzi und Philippe Noiret, „Vincent, François, Paul… et les autres“ („Vincent, François, Paul und die anderen“, 1974) mit Yves Montand und Gérard Depardieu, „Atlantic City“ (1980) neben Burt Lancaster und Susan Sarandon, „Espion, lève-toi“ („Der Maulwurf“, 1981) mit Lino Ventura und Heinz Bennent, „La Nuit de Varennes“ („Flucht nach Varennes“, 1982) neben Marcello Mastroianni und Hanna Schygulla, „La Diagonale du fou“ („Gefährliche Züge“, 1984) mit Liv Ullmann, „Le paltoquet“ („Der Tölpel“, 1986) mit Fanny Ardant und Daniel Auteuil, „Milou en mai“ („Eine Komödie im Mai“, 1990) mit Miou-Miou, „Martha et moi“ („Martha und ich“, 1990) neben Marianne Sägebrecht, „La Belle Noiseuse“ („Die schöne Querulantin“, 1991) neben Emmanuelle Béart und Jane Birkin und „Généalogies d’un crime“ („Genealogien eines Verbrechens“, 1997) mit Catherine Deneuve.

Zuletzt spielt Michel Piccoli in „Habemus Papam“ („Habemus Papam – Ein Papst büxt aus“, 2011), in „Holy Motors“ (2012) und an der Seite von Marisa Paredes und John Malkovich in „Linhas de Wellington“ („Lines Of Wellington – Sturm über Portugal“, 2012).

Eine besondere Beziehung hat Michel Piccoli zu Romy Schneider, mit der er sechs Filme dreht – darunter „Les choses de la vie“ („Die Dinge des Lebens“, 1969), „Max et les ferrailleurs“ („Das Mädchen und der Kommissar“, 1971), „Mado“ (1976) und „La passante du Sans-Souci“ („Die Spaziergängerin von Sans-Souci“, 1981). Über sein Verhältnis zu der österreichischen Schauspielerin hat Michel Piccoli noch zu Romy Schneiders Lebzeiten anrührend Zeugnis gegeben: „Während so mancher nicht ohne wörtliche Sympathiebekundungen auskommt, haben Romy und ich das Glück, uns ohne Worte zu verstehen.“

Wie viele seiner Kollegen engagiert sich auch Michel Piccoli in der politischen Linken Frankreich – er setzt sich für den kommunistischen und pazifistischen „Mouvement de la paix“ und für Amnesty International ein, auch engagiert er sich gegen die Ausweisung Wolf Biermanns aus der DDR. 2007 unterstützt Michel Piccoli bei der französischen Präsidentschaftswahl zusammen mit Intellektuellen und anderen Künstlern die Sozialistin Ségolène Royal.

Von 1966 bis 1977 ist Michel Piccoli mit der Sängerin Juliette Gréco und seit 1978 mit Ludivine Clerc verheiratet – aus einer ersten Ehe mit der Schauspielerin Eleonore Hirt hat er die Tochter Anne-Cordélia.

Michel Piccoli dreht in seiner langen Karriere weit über zweihundert Filme, viele davon mit den großen Regisseuren Luis Bunuel, Jean-Luc Godard, Claude Chabrol und Louis Malle – für sein Schaffen wird er mit zahlreichen Filmpreisen geehrt. 2007 wird Michel Piccoli in die Wettbewerbsjury der sechzigsten Filmfestspiele von Cannes berufen und 2011 wir ihm bei der Verleihung des „Europäischen Filmpreises“ der „Sonderehrenpreis fürs Lebenswerk“ verliehen.

Mit dem Namen Michel Piccoli verbunden bleiben wird eine große Epoche des französischen Films, die ohne sein Gesicht und seine Persönlichkeit nicht vorstellbar ist.