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Wolfgang Neuss

Er ist das Enfant-terrible der bundesdeutschen Kabarett-Szene, als „Mann mit der Pauke“ setzt er sich satirisch mit dem Alltag in der Bundesrepublik auseinander und gilt jahrelang als Feindbild des bürgerlichen Establishments – Wolfgang Neuss ist einer der großen deutschen Kabarettisten und in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in zahlreichen Filmen als Schauspieler zu sehen

Hans Wolfgang Otto Neuss kommt am 3. Dezember 1923 als Sohn von Otto und Elisabeth Neuss in Breslau zur Welt – zusammen mit einer Schwester wächst er in der schlesischen Hauptstadt in geordneten Verhältnissen auf. Nach dem Abschluss der Volksschule beginnt er eine Lehre als Schlachter, die er aber mit fünfzehn Jahren abbricht, um nach Berlin zu gehen um dort Clown zu werden – dort wird er wegen Herumtreiberei für kurze Zeit in der Jugendverwahranstalt des Berliner Polizeipräsidiums arrestiert.

Während des Zweiten Weltkrieges wird Wolfgang Neuss zunächst beim Straßenbau im Arbeitsdienst eingesetzt, danach dient er ab 1941 als einfacher Soldat an der Ostfront. Nach mehreren Verwundungen entzieht er sich weiteren Kampfeinsätzen, indem er sich selbst verstümmelt – allerdings wird die Darstellung vom abgeschossenen Finger heute von Historikern angezweifelt.

Kurz vor dem Ende des Krieges gelangt Wolfgang Neuss auf einem Lazarettschiff nach Dänemark – die ersten Nachkriegsjahre verbringt er in einem Internierungslager in Flensburg, wo er bunte Abende organisiert und seine ersten Auftritte als Komiker hat. Er entschließt sich, Kabarettist zu werden und erhält gegen Ende der vierziger Jahre ein kurzes Engagement als Conférencier im Hamburger Hansa-Theater.

Ab 1949 tritt Wolfgang Neuss zusammen mit Wolfgang Müller – den er im selben Jahr kennenlernt – als Duo „Die zwei Wolfgangs“ auf. Ein Jahr später gehen beide nach West-Berlin, um im Kabarett „Die Bonbonniere“ aufzutreten.

1950 hat Wolfgang Neuss seinen ersten Filmauftritt im Krimi „Wer fuhr den grauen Ford?“ – danach spielt er in Filmen wie in „Auf der Reeperbahn nachts um halb eins“ (1954) neben Hans Albers und Heinz Rühmann, in „Die Drei von der Tankstelle“ (1955) mit Adrian Hoven und Walter Giller, in „Himmel ohne Sterne“ (1955) an der Seite von Horst Buchholz, Georg Thomalla, Erich Ponto, Gustav Knuth und Camilla Spira, in „Des Teufels General“ (1955) neben Curd Jürgens und Marianne Koch, in „Ein Mann muß nicht immer schön sein“ (1956) mit Peter Alexander, in „Charleys Tante“ (1956) neben Heinz Rühmann, Claus Biederstaedt und Walter Giller, in „Der Hauptmann von Köpenick“ (1956) mit Heinz Rühmann, in „Ferien auf Immenhof“ (1957) mit Heidi Brühl, in „Der müde Theodor“ (1957) neben Heinz Erhardt und Karin Baal, in „Wir Wunderkinder“ (1958) an der Seite von Johanna von Koczian, Hansjörg Felmy und Elisabeth Flickenschildt, in „Der Stern von Santa Clara“ (1958) neben Vico Torriani, Hubert von Meyerinck und Brigitte Mira, in „Das Wirtshaus im Spessart“ (1958) mit Lilo Pulver, in „Schwarzwälder Kirsch“ (1958) neben Marianne Hold und Dietmar Schönherr, in „Die grünen Teufel von Monte Cassino“ (1958) mit Joachim Fuchsberger, in „Rosen für den Staatsanwalt“ (1958) neben Walter Giller und Ingrid van Bergen, in „Die Nacht vor der Premiere“ (1959) mit Marika Rökk und Theo Lingen, in „Hier bin ich – hier bleib ich“ (1959) neben Caterina Valente, in „Die endlose Nacht“ (1963) mit Hannelore Elsner, in „Die Tote von Beverly Hills“ (1964) neben Heidelinde Weis, Klausjürgen Wussow und Horst Frank und in „Der schwarze Freitag“ (1966) neben Curd Jürgens.

In einigen Filmen tritt Wolfgang Neuss mit seinem Kollegen Wolfgang Müller als Gesangsduo auf – Schlager wie „Schlag nach bei Shakespeare“ oder „Ach, das könnte schön sein…“ entwickeln sich in jener Zeit zu veritablen Hits. Nachdem Wolfgang Müller 1960 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommt wendet sich Wolfgang Neuss ab Mitte der sechziger Jahre wieder verstärkt dem Kabarett zu – er pflegt Kontakte zu Kollegen wie Eckart Hachfeld, Ursula Herking und Dieter Hildebrandt, Schriftsteller wie Hans Magnus Enzensberger schreiben Texte für seine Programme und Helene Weigel schenkt ihm ein lebenslanges Abonnement für das Berliner Ensemble.

1962 sorgt Wolfgang Neuss für einen Eklat, als er durch eine Zeitungsannonce kurz vor der Ausstrahlung des letzten Teils des „Straßenfeger“-Krimis „Das Halstuch“ den Mörder verrät – in zahllosen Leserbriefen wird er als „Vaterlandsverräter“ beschimpft. Bereits in jenen Jahren manifestiert sich sein Ruf als späterer Bürgerschreck – in den sechziger Jahren protestiert Wolfgang Neuss gegen den Vietnam-Krieg, er tritt zusammen mit Wolf Biermann, Franz-Josef Degenhardt und Hanns-Dieter Hüsch auf, nimmt an Demonstrationen, Sit-ins und anderen politischen Aktionen teil und konsumiert Drogen. Die Pauke, mit der er auftritt, soll auf Missstände und Widersprüche hinweisen.

In den siebziger Jahren macht Wolfgang Neuss Wahlkampf für die SPD und lebt eine Zeit lang in Schweden und in Chile, in den achtziger Jahren schreibt er Zeitungskolumnen und sorgt als „zahnloser Späthippie“ in diversen Talkshows für Furore – sein Spruch „auf deutschem Boden darf nie mehr ein Joint ausgehen“ ist legendär. 1983 erhält er für sein Kabarettprogramm „Neuss vom Tage“ den „Deutschen Kleinkunstpreis“.

1984 wird Wolfgang Neuss wegen Besitzes illegaler Drogen zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt – die Strafe wird ihm erlassen. Seinen letzten Filmauftritt hat Wolfgang Neuss in „Is was, Kanzler?“ (1984).

Von 1962 bis 1967 ist Wolfgang Neuss mit der Schwedin Margareta Henriksson verheiratet – gemeinsam haben sie Tochter Hariett.

Wolfgang Neuss stirbt am 5. Mai 1989 – er wird neben seinem Film- und Kabarettpartner Wolfgang Müller auf dem Berliner Waldfriedhof Zehlendorf beigesetzt.