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Orson Welles

Er gilt als einer der künstlerisch einflussreichsten Regisseure des vergangenen Jahrhunderts, sein Film „Citizen Kane“ wird von Cineasten als das bedeutendste Werk der Filmgeschichte bezeichnet – Orson Welles bringt mit Weitwinkelobjektiven und Schärfentiefen neue Techniken in die Filmproduktion, als Schauspieler brilliert er sowohl in Filmrollen wie auch auf der Theaterbühne

George Orson Welles wird am 6. Mai 1915 als zweiter Sohn einer streng katholischen Familie in Kenosha im US-Bundesstaat Wisconsin geboren. Seine Eltern – der wohlhabende Geschäftsmann Richard Head Welles und die Konzertpianistin und Suffragette Beatrice Ives – machen ihn frühzeitig mit Werken von William Shakespeare, dem Piano- und Violinenspiel und dem Vaudeville bekannt. Als er sechs Jahre alt ist trennen sich seine Eltern und die Mutter zieht mit den Kindern nach Chicago. Dort kommt Orson Welles zum ersten Mal mit der Opern- und Theaterwelt in Kontakt. Nach dem frühen Tod beider Elternteile wird der Arzt Maurice Bernstein sein Vormund.

Nach seinem Studium arbeitet Orson Welles zunächst als Journalist. Auf einer Reise durch Irland beschäftigt er sich ab 1931 mit dem Theater, in Dublin gibt er sich als Broadway-Schauspieler aus und kann daraufhin am Gate-Theatre und am Abbey Theatre auftreten. Nach seiner Heimkehr betätigt er sich als Leiter verschiedener Theater und macht mit außerordentlichen Aufführungen auf sich aufmerksam. Während der Depressionsjahre werden soziale Projekte von der amerikanischen Regierung unterstützt und Orson Welles inszeniert in New York Shakespeare – seine Inszenierung von „Julius Caesar“ gilt als eine der bedeutendsten Shakespeare-Inszenierungen auf amerikanischem Boden.

Landesweite Bekanntheit erlangt Orson Welles durch das Hörspiel „War Of The Worlds („Krieg der Welten“) nach H. G. Wells, das am Halloween-Abend 1938 ausgestrahlt wird – die fiktive Reportage löst bei ihrer Erstausstrahlung 1938 an der Ostküste der USA eine Massenpanik aus. Orson Welles gestaltet die Vorlage so realistisch, dass die Hörer meinen, es handelt sich nicht um ein Hörspiel, sondern um aktuelle Nachrichten.

Als „Wunderkind“ wird Orson Welles von der Produktionsfirma RKO nach Hollywood gelockt, wo er als bisher einziger Regisseur eine komplette „Carte blanche“ von seinem Filmstudio erhält – dadurch ist er in der Lage, einen Film seiner Wahl vollständig nach seinen eigenen Vorstellungen zu drehen. Das Leben des Medienzaren William Randolph Hearst dient ihm als Vorlage für Realisation seines Films „Citizen Cane“ – bis heute eine Meilenstein der Kinogeschichte. Orson Welles schreibt am Drehbuch mit, führt Regie, spielt die Hauptrolle und produziert – wodurch er zum Idol und Traum eines jeden Filmemachers avanciert. Obwohl von der Kritik hochgelobt bleibt „Citizen Kane“ der große Erfolg verwehrt, was zum Teil auf Randolph Hearsts Kampagne gegen den Film zurückgeführt wird. Alle weiteren Filme von Orson Welles reichen nicht mehr an die inhaltliche Kraft und die Opulenz von „Citizen Kane“ heran.

Nach Filmen wie „The Magnificent Ambersons“ („Der Glanz des Hauses Amberson“, 1948) mit Anne Baxter und Joseph Cotton, „Jane Eyre“ („Die Waise von Lowood“, 1944) mit Joan Fontaine, „Tomorrow Is Forever“ („Morgen ist die Ewigkeit“, 1948) mit Claudette Colbert, „The Stranger“ („Die Spur des Fremden“, 1946) mit Loretta Young, „Duel In The Sun“ („Duell in der Sonne“, 1946) neben Gregory Peck und „The Lady From Shanghai“ („Die Lady von Shanghai“, 1947) mit Rita Hayworth verlässt Orson Welles Hollywood, um in Europa im Film „The Third Man“ („Der dritte Mann“, 1949) nach einer Erzählung von Graham Greene an der Seite von Joseph Cotton, Alida Valli und Trevor Howard mitzuwirken.

Die anschließenden Jahrzehnte sind für Orson Welles geprägt von Misserfolgen und Rückschlägen – Filme wie „Mr. Arkadin“ („Herr Satan persönlich“, 1955) und „Touch Of Evil“ („Im Zeichen des Bösen“, 1958) mit Charlton Heston, Marlene Dietrich und Janet Leigh finden kaum Zuspruch beim Publikum. Durch diese Erfahrungen enttäuscht, versucht Orson Welles in der Folge, seine Projekte aus eigener Hand zu finanzieren und zu realisieren. Um sich das dafür nötige Geld zu beschaffen, wirkt er als Schauspieler in über hundert Filmen mit – darunter in „Moby Dick“ (1956) neben Gregory Peck, in „Ferry To Hong Kong“ („Fähre nach Hongkong“, 1959) neben Curd Jürgens, in „King Of Kings“ („König der Könige“, 1961), in „Le procès“ („Der Prozess“, 1962) an der Seite von Anthony Perkins, Jeanne Moreau und Romy Schneider, in „The V.I.P.s“ („Hotel International“, 1963) neben Elizabeth Taylor, Richard Burton, Rod Taylor, Margaret Rutherford und Maggie Smith, in „Paris brûle-t-il?“ („Brennt Paris“, 1966) mit Jean-Paul Belmondo, Charles Boyer, Jean-Pierre Cassel, Alain Delon, Kirk Douglas und Gert Fröbe, in „Una su 13“ („Zwölf plus eins“, 1969) an der Seite von Sharon Tate und Vittorio Gassman, in „The Kremlin Letter“ („Der Brief an den Kreml“, 1970) mit Bibi Andersson, in „Malpertuis“ (1971) mit Mathieu Carrière und im „Muppet Movie“ (1979). Einen letzten Filmauftritt hat Orson Welles an der Seite von Tony Curtis in „Where Is Parzifal?“ (1983).

Als einer der ersten „Kinoregisseure“ steht Orson Welles dem neuen Medium Fernsehen nicht ablehnend gegenüber – er sucht dort nach kreativen Betätigungsmöglichkeiten, auch schreibt er unter Pseudonym einige Romane und Drehbücher.

Orson Welles bezieht besonders während der großen Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre in seinen Filmen auch zu sozialen Themen Stellung. Er unterstützt den Wahlkampf von Franklin D. Roosevelt, später steht er aufgrund seiner politisch links gerichteten Aktivitäten und Ansichten sowie Kontakten zu Mitgliedern der Kommunistischen Partei auf der berüchtigten schwarzen Liste des republikanischen Senators Joseph McCarthy.

Die erste Frau von Orson Welles ist Virginia Nicholson, mit der ein Kind hat. Von 1943 bis 1947 ist er mit Rita Hayworth und bis zu seinem Tod mit der Schauspielerin Paolo Mori verheiratet.

Orson Welles stirbt am 10. Oktober 1985 an den Folgen von Herzversagen in seinem Haus in Kalifornien – seine letzte Ruhestätte findet er in der südandalusischen Stadt Ronda.